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© ddp

Untersuchungsausschuss: Kundus-Affäre: Prozeduren, Anträge, Zeugenlisten

Der Streit um die Aufarbeitung der Kundus-Affäre lähmt die Ausschussarbeit.

Von Robert Birnbaum

Berlin – Der Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestages hat am Donnerstag seine Arbeit mit einem anhaltenden Dissens in Verfahrensfragen aufgenommen. Zwar verständigten sich die Obleute von Koalition und Opposition im Vorfeld auf einen groben Ablaufplan und ein Zeitraster. Die Frage aber, wann, wie und in welcher Reihenfolge der als Untersuchungsausschuss arbeitende Verteidigungsausschuss die zentralen politischen Zeugen einvernimmt, blieb zunächst umstritten. Der Obmann der Union, Ernst-Reinhard Beck (CDU) nannte es „pures Wunschdenken“, dass die Opposition Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) schon im März vorladen will. Das zeige nur, dass die Oppositionsvertreter mehr an „politischem Klamauk“ interessiert seien als an Aufklärung des Luftangriffs vom 4. September im nordafghanischen Kundus.

Ein Vorwurf, den die andere Seite umgehend zu entkräften trachtet. Er habe keinerlei Interesse daran, Guttenberg „mit Dreck zu bewerfen“, versichert der Grünen-Verteidigungssprecher Omid Nouripour. Aber der Minister müsse doch selbst daran interessiert sein, möglichst rasch für Klarheit über sein Verhalten und seine wechselnden Urteile in der Kundus-Affäre zu sorgen!

Derlei fürsorgliche Behandlung ist natürlich nicht ganz ernst gemeint. Der CDU-Mann Beck beschreibt die politische Stoßrichtung der Opposition ganz korrekt. Nouripour selbst platziert auf einer „persönlichen“ Prioritätenliste die Frage nach dem Ablauf der Bombennacht nach unten, die Frage nach den Gründen für Guttenbergs Meinungswechsel von „militärisch angemessen“ zu „militärisch nicht angemessen“ hingegen an die erste Stelle.

Auf der anderen Seite ist aber auch das Interesse der Union durchsichtig, wenn sie fordert, vor den Politikern müsse man erst einmal zwecks Sammlung von Materials die Untergebenen befragen. Nur zu erkennbar ist der Versuch, den Ausschuss in Details totlaufen zu lassen und den Auftritt von Guttenberg, seinem Vorgänger Franz Josef Jung und der Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) hinter ein sensibles Datum wie die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai zu schieben.

Gut gepasst zu dieser Strategie hat der Vorschlag, vor die eigentliche Aufklärungsarbeit erst mal einen „Prolog“ zu schalten, in dem die Lageentwicklung in und um Kundus abgehandelt werden sollte. Aber die Idee, ausgerechnet den Verteidigungsausschuss in die Volkshochschule zu schicken, war zu durchsichtig und ist seit Donnerstagabend vom Tisch. Die vorläufig vereinbarte Arbeitsstruktur sieht vor, dass der Ausschuss in der ersten – und voraussichtlich auch noch in seiner zweiten Sitzung am 27. Januar – Prozeduren, Beweisanträge und Zeugenlisten aushandelt. Dann sollen die Vorgänge in der Bombennacht selbst und die Informationsstränge vom Feldlager in das deutsche Regionalkommando in Masar-i-Scharif, zur Isaf-Zentrale in Kabul und zum Einsatzführungskommando in Potsdam aufgearbeitet werden.

Dieser Block soll nach der Vorabsprache höchstens drei Wochen in Anspruch nehmen – egal, so Nouripour, wie weit man dabei komme. Danach sollen ohne Zeitlimit politische Akteure und ihre Zuarbeiter in Militär und Ministerien dran kommen. Grundsätzlich ist in diesem Block die Union mit öffentlichen Sitzungen einverstanden. Ob das für alle Zeugen gilt, dürfte im Einzelfall dann aber doch wieder strittig werden. Der Grünen-Obmann hält darum die Drohung aufrecht, einen zweiten, ordentlichen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Dort wäre, anders als im Verteidigungsgremium, Öffentlichkeit das Grundprinzip.

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