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Politik: US-Wahl: Richter unter Druck

Tom Feeney, Sprecher der republikanischen Mehrheit im Parlament von Florida, hat bislang eher skurrile Beiträge zur politischen Geschichte des Sonnenschein-Staates geleistet: Ein gescheiterter Antrag, Florida möge doch wegen der hohen Staatsschulden in Washington seinen Austritt aus dem Staatenbund und die Unabhängigkeit erklären. Dann ein Gesetz, mit dem Schulen der Yoga-Unterricht verboten wurde - man dürfe doch, so der 42-jährige erzkonservative Rechtsanwalt, Kinder nicht ohne Zustimmung der Eltern "hypnotisieren".

Tom Feeney, Sprecher der republikanischen Mehrheit im Parlament von Florida, hat bislang eher skurrile Beiträge zur politischen Geschichte des Sonnenschein-Staates geleistet: Ein gescheiterter Antrag, Florida möge doch wegen der hohen Staatsschulden in Washington seinen Austritt aus dem Staatenbund und die Unabhängigkeit erklären. Dann ein Gesetz, mit dem Schulen der Yoga-Unterricht verboten wurde - man dürfe doch, so der 42-jährige erzkonservative Rechtsanwalt, Kinder nicht ohne Zustimmung der Eltern "hypnotisieren". Oder die Einführung eines "choose life" ("das Leben wählen")-Nummernschildes aus Protest gegen die liberale Abtreibungspolitik der Demokraten. Und auch Feeneys Einstieg in die Politik würde man nicht unbedingt als Ochsentour bezeichnen: Seine Kandidatur hatte 1996 vor allem deshalb Erfolg, weil sich sein Gegner durch den Besuch bei einer Prostituierten eine Blöße gegeben hatte.

Doch einen Platz in den amerikanischen Geschichtsbüchern hat Feeney - ebenso wie sein Parteifreund John McKay, Fraktionschef der republikanischen Senatskammer-Mehrheit Floridas - bereits sicher. Beide stehen hinter der jetzt verabschiedeten Resolution, dass angesichts der schwelenden juristischen Auseinandersetzungen zwischen Al Gore und George W. Bush der Gesetzgeber in Florida an diesem Freitag in einer Sondersitzung die 25 für die Präsidentschaft entscheidenden Wahlmänner benennen müsse. "Aus Sicherheit", sagen Feeney und McKay, damit Florida am 18. Dezember beim Treffen der Präsidenten-Elektoren überhaupt vertreten sei, falls bis zum 12. Dezember - dem Benennungs-Stichtag - die Gerichtsverfahren noch nicht beendet sind. Ein seit dem Jahr 1876 nie mehr angewandtes Bundesgesetz gibt den beiden Wortführern der "Grand Old Party" das Recht zu diesem historischen Schritt, den die demokratische Minderheit in den Kammern des Bundesstaates bereits als beispielloses politisches Foulspiel brandmarkt. "Hier soll der Wille von sechs Millionen Wählern umgangen werden," kritisiert beispielsweise Demokraten-Sprecherin Lois Frankel, "und lediglich der Sieg von George W. Bush abgesichert werden."

Zwar hatte Senatssprecher McKay am Mittwoch angekündigt, man werde "natürlich auch für Al Gore stimmen", falls bis zum 12. Dezember diesem durch die laufenden Gerichtsverfahren eine Umkehr des vorläufigen Wahlergebnisses gelingen sollte. Doch dies muss noch nicht das letzte Wort sein: Repräsentantenhaus-Sprecher Feeney wollte sich in dieser Richtung nicht festlegen, und der Grund liegt auf der Hand: Das verstaubte Bundesgesetz bietet nämlich auch dann die Möglichkeit zum Eingreifen, wenn das Wahlverfahren nicht "fair und überprüfbar" abgelaufen ist. Die Zielrichtung der beiden Republikaner wird damit klar: Den von Demokraten dominierten Obersten Gerichtshof von Florida bei dem laufenden Berufungsverfahren Al Gores und weiteren Verfahren zu Wahl-Unregelmäßigkeiten unter massiven Druck zu setzen und notfalls ein für Bush nachteiliges Urteil wieder zu revidieren.

Die sieben Richter des Supreme Courts von Florida, fünf von ihnen als aktive Parteibuch-Demokraten registriert, sind dem konservativen Parlamentsflügel im Rentner-Paradies schon lange ein Dorn im Auge. Offen spricht man unter den Republikanern von verfassungswidrigen oder zumindest fragwürdigen Eingriffen der Richter in die Legislative - wie bei der Zurückweisung eines Gesetzes, das die Zustimmung von Eltern bei Abtreibungen Jugendlicher vorausgesetzt hätte oder beim gescheiterten Versuch, die Berufungsmöglichkeiten von Todeskandidaten einzuschränken. Die wenig später vom Supreme Court in Washington aufgehobene Entscheidung, die Schlussfrist für die Stimm-Auszählungen um 12 Tage zu verlängern, brachte bei den Bush-Truppen in Tallahassee das Fass zum Überlaufen. Sollten die republikanischen Wahlmänner tatsächlich nach Washington geschickt werden, müsste dies zuvor ein Mann absegnen, der sich ursprünglich aus dem Drama heraushalten wollte: Jeb Bush, Gouverneur von Florida und Bruder des Präsidentschafts-Kandidaten.

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