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London: Vergifteter Ex-Spion Litvinenko tot

Drei Wochen nach dem mutmaßlichen Giftanschlag ist der russische Ex-Spion Alexander Litvinenko gestorben. In einem posthum veröffentlichten Schreiben machte Litvinenko nun Russlands Präsident Putin persönlich für seinen Tod verantwortlich.

London - Das teilte ein Sprecher der Universitätsklinik in London mit, in der Litvinenko behandelt wurde. "Es tut uns leid bekanntzugeben, dass Alexander Litvinenko im University College Hospital (UCH) um 21.21 Uhr (22.21 Uhr MEZ) am 23. November 2006 verstorben ist", sagte der Sprecher. Die Mediziner hätten alles getan, um sein Leben zu retten. Litvinenkos Vertrauter Alex Goldfarb sprach in der BBC von einem plötzlichen Blutdruckabfall und einem möglichen Herzstillstand.

Litvinenko hatte bereits in der Nacht zum Mittwoch einen Herzinfarkt erlitten, am Donnerstag verschlechterten sich seine Werte laut Klinik weiter rapide. Der 43-Jährige sei bei "klarem Bewusstsein" und mit "reinem Herzen und in Würde" gestorben, sagte sein Vertrauter Goldfarb. Litvinenko habe gewusst, was ihm bevorstehe und vertrauen darauf, dass die Polizei seinen Fall aufkläre.

Tod von Litvinenko wird russischem Geheimdienst angelastet

Litvinenko, der im Krankenhaus streng bewacht wurde, war früher für den russischen Geheimdienst FSB tätig, der aus dem KGB hervorging. Ein früherer KGB-Offizier sagte nach dem Tod des Ex-Spions, es bestehe "kein Zweifel", dass der russische Geheimdienst verantwortlich sei. Litvinenko sei durch ein in KGB-Laboren hergestelltes Gift umgebracht worden, sagte der Überläufer Oleg Gordiewsky der BBC. Gordiewsky hatte in den 80er Jahren die Seiten gewechselt. Litvinenko machte indes den russischen Präsidenten Putin persönlich für seinen Tod verantwortlich. In einem posthum veröffentlichten Schreiben, das ein Freund vor der Presse verlas, erklärte Litvinenko, Putin sei Schuld an dem Giftanschlag.

In Helsinki, wo Putin am Freitag am EU-Russland-Gipfel teilnehmen wird, sagte ein Mitglied der russischen Delegation, der Tod des russischen Ex-Spions sei "natürlich eine menschliche Tragödie". "Aber die Beschuldigungen gegen den Kreml sind so unglaublich, so unsinnig, so albern, dass der Präsident sie nicht kommentieren kann."

Polizei: Fall werde als "ungeklärter Tod" untersucht

Die britische Polizei teilte mit, der Fall werde als "ungeklärter Tod" und nicht als Mord untersucht. Den bisherigen Ermittlungen zufolge hatte Litvinenko am 1. November zwei russische Landsleute in einem Hotel in der Londoner Innenstadt getroffen. Laut "Times" sagte Litvinenko aus, er sei mit einem guten Bekannten verabredet gewesen. Stattdessen habe er einen Fremden angetroffen, der sich ihm als "Vladimir" vorgestellt habe. Verdächtig kam Litvinenko demnach vor, dass der Unbekannte seine Identität nicht preisgeben wollte. Auch sei nicht klar gewesen, warum nicht die Bekannten zu dem Treffen erschienen seien. "Vladimir" habe aber nicht locker gelassen, und schließlich habe Litvinenko mit ihm eine Tasse Tee getrunken, berichtete die Zeitung ohne Angabe von Quellen.

Litvinenkos behandelnder Arzt Geoff Bellingan widersprach Berichten, wonach Litvinenko mit radioaktivem Thallium vergiftet worden sein soll. Die Ärzte seien sich sicher, dass das Schwermetall nicht die Ursache für die Erkrankung sei, sagte Bellingan. Auch eine radioaktive Verstrahlung sei unwahrscheinlich.

Litvinenko hatte sich 2000 nach Großbritannien abgesetzt und nach Angaben von Freunden Morddrohungen erhalten. Im Laufe der Jahre wandelte er sich immer mehr zum erbitterten Kreml-Gegner. So erklärte der ehemalige FSB-Spion 1998, er habe einen Auftrag zur Ermordung des umstrittenen Geschäftsmanns und vormaligen Kreml-Vertrauten Boris Beresowski erhalten. Zuletzt recherchierte er den Mord an der regierungskritischen russischen Journalistin Anna Politkowskaja. (tso/AFP)

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