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Politik: Verkümmerte Unterlänge

Der Schriftpsychologe Fritz K. H. Stäter über die Unterschriften unter dem Koalitionsvertrag – und die dahinter steckenden Charaktere

Unterschriften allein sind oft nur Indizien, wenn die eigentliche Handschrift fehlt. Denn Vernachlässigungen, Hieroglyphen oder Fadenstriche sind durchaus Anhaltspunkte für den Schriftpsychologen, um wesentliche Charaktereigenschaften eines Menschen zu erschließen – also wie sich ein Schreiber einschätzt, wie er gesehen werden will und was er von sich preisgibt.

Angela Merkel lässt sich bei den vielfältigen Anforderungen an ihre Person – Durchsetzungsvermögen, Fähigkeiten zur Koordination, Erkennen des Wesentlichen – stark von ihren Gefühlen leiten (teigig, zugeflossene e-Schleifen, verkümmerte Unterlänge beim g). Sicherheiten gewinnt sie im Aufgreifen konventioneller Muster, die sie gekonnt zu handhaben weiß, und durch Ohrzuflüsterer. Das macht sie unfrei und schränkt ihre Flexibilität ein (teigig). Sie bringt sich eher verständnisvoll reagierend als fordernd agierend ein (gleichbleibende Mittelzone). Sie zeigt Zähigkeit, was nicht mit Durchsetzungskraft verwechselt werden darf (Vernachlässigungen beim r in Merkel, a in Angela). Sie zeigt sich freundlich abwartend, doch immer ansprechbar. Sie besitzt mädchenhaften Charme (Girlande). Ihr fehlt eine gesunde Portion Misstrauen (teigig, keine Schärfe), trotz Sachbezogenheit regiert bei ihr das Herz den Kopf (teigig, kleine Längenunterschiedlichkeit).

Edmund Stoiber zeigt mit der Anfangsbetonung beim Vor- und Nachnamen eher Geltungsbedürfnis als Selbstbewusstsein. Überforderungen wehrt sowohl Edmund als auch Stoiber eher destruktiv ab (Endzug beim Nachnamen). Er kann leicht Verbindungen herstellen, aber auch ebenso leicht wieder aufgeben (Vernachlässigungen beim Vor- und Nachnamen), was nicht mit Flexibilität verwechselt werden darf. Sein Anfangselan hält nicht allzu lange an, darauf lassen die Vernachlässigungen in Edmund und Stoiber schließen. Er kann auch leicht etwas unter den Teppich fallen lassen (vernachlässigte Buchstaben im Vor- und Nachnamen). Rasche Auffassungsgabe (Vereinfachungen beim E in Edmund und beim S in Stoiber, Eile und eigene gekonnte Formungen zeigen Intelligenz, Initiative und geistige Beweglichkeit, aber auch Unfestgelegtheit (Vernachlässigungen).

Matthias Platzeck identifiziert sich mit seinem Vornamen, weniger mit seinem Nachnamen, mit dem er aber Verantwortung übernehmen muss. Das Missverhältnis zwischen Groß- und Kleinbuchstaben zeigen hohen Ich-Anspruch, aber auch innere Unsicherheit. So sucht der liebenswerte und freundliche Matthias mit einer willkürlich verlängerten Unterlänge, die beim M gar nicht vorkommt, Halt zu finden, um das große P von Platzeck geschickt installieren zu können. Doch die große Bewegung des P schwingt durch Vernachlässigung des Restnamens nicht aus. Es muss einsam stellvertretend Größe demonstrieren. Statt kraftvolle Dynamik zeigt sich eher ein verunsicherter Betätigungsdrang mit ungerichteter Funktionslust (Eile, Verkürzungen, Vernachlässigungen). Er zeigt Intelligenz, Sensibilität und leichte Verletzbarkeit, aber auch gekonnte Formungen (P und M) im Vor- und Nachnamen.

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