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Politik: Verlorene Söhne

Nach dem Tod der Deutschen ist die Stimmung in der Truppe gedrückt. Die CH-53 bleiben vorerst am Boden

Kabul/Berlin. Die Fahnen im „Camp Warehouse“ wehen auf halbmast. Die Stimmung am Tag nach dem bisher schwersten Unglück bei einem Auslandseinsatz der Bundeswehr ist gedrückt: Nach dem tödlichen Absturz eines Bundeswehr-Hubschraubers in Kabul trauert die Truppe im deutschen Isaf-Lager kurz vor Weihnachten um ihre sieben verunglückten Kameraden. „Die Soldaten sind von dem Unglück tief betroffen“, sagt der Sprecher des deutschen Kontingents in Kabul, Paul-Georg Weber.

Obwohl Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) direkt nach dem Unglück zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen hat, geht der Alltag für die knapp 1300 in der afghanischen Hauptstadt stationierten deutschen Soldaten weiter. „Da wir derzeit davon ausgehen, dass es sich um einen Unglücksfall handelt und nicht um einen Angriff, haben wir keine Sicherheitsmaßnahmen erhöht“, sagt Weber.

Das noch in der Nacht eingeflogene Spezialistenteam hat in der Zwischenzeit seine Ermittlungen zur Absturzursache aufgenommen. „Unsere sonstigen Operationen fahren wir auf dem der Lage angepassten Niveau fort.“ Bei allen Bemühungen um Normalität werden einige Aktivitäten der Bundeswehrsoldaten vorsichtshalber eingeschränkt. Die beiden weiteren in der Hauptstadt Kabul stationierten Helikopter des gleichen Typs wie die Unglücks-Maschine bleiben bis auf weiteres am Boden. „Die Maschinen werden keinen Routineflugbetrieb durchführen“, sagt Weber. „Aber sollten Menschenleben in Gefahr sein, werden auch diese wieder eingesetzt werden müssen.“ Die CH-53-Hubschrauber stehen vor allem für Rettungseinsätze bereit, können aber auch andere Missionen erfüllen.

Die sieben Opfer hatten sich auf einem Erkundungsflug befunden. Die bei dem Unglück getöteten Soldaten waren in Deutschland an drei Standorten stationiert: Drei kamen aus Laupheim bei Ulm in Baden-Württemberg, drei aus Rheine in Nordrhein-Westfalen und einer aus Faßberg bei Celle in Niedersachsen.

Gedrückte Stimmung herrscht auf den Fluren der Kaserne in Rheine. „Für den Fliegerverband ist das der GAU“, sagt Oberst Axel Brandt, Kommandeur in Rheine. Die Familien wurden umgehend informiert. „Wir sind alle gestern zusammengekommen und haben unserer toten Kameraden gedacht.“ Militärseelsorger Andreas Ullrich aus Rheine kümmert sich mit um die Hinterbliebenen. „Die Angst vor so einem Unfall ist natürlich latent immer vorhanden“, sagt er. In Rheine hat es drei Familienväter im Alter von 31, 41 und 46 Jahren getroffen. „Alle waren erfahrene Flugzeugführer und Techniker“, meint Oberst Brandt.

In Faßberg hat die Nachricht vom Tod des 29 Jahre alten Zeitsoldaten am Sonntag noch nicht die Runde gemacht. In der technischen Schule der Luftwaffe ruht der Unterricht am Wochenende, auch in der Kaserne mag niemand über den Unfall in Kabul reden.

Bei den Heeresfliegern in Laupheim (Kreis Biberach) herrscht dagegen blankes Entsetzen. Bei dem Hubschrauberabsturz in Afghanistan kamen drei Soldaten aus der baden-württembergischen Kleinstadt im Alter von 24, 28 und 53 Jahren ums Leben.

„Die Angehörigen werden zur Zeit noch betreut, unter anderem kümmern sich auch befreundete Familien um sie“, berichtet ein Bundeswehr-Angehöriger. Kommandeur Manfred Schmoldt benachrichtigte die Familien, auch die Standortpfarrer der Kurt-Georg-Kiesinger-Kaserne und Psychologen des Bundeswehr-Krankenhauses aus Ulm kümmerten sich um die geschockten Hinterbliebenen.

Sigrun Stock, K. Mafton (dpa)

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