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Politik: Versuch einer Drohung

Von Clemens Wergin

Die Europäer haben es versucht, die Europäer sind gescheitert. Nach zweieinhalb Jahren Verhandlungen über Irans Atomprogramm wird sich nun der UN-Sicherheitsrat mit dem Thema befassen. Berlin ist damit aus dem Spiel. Jetzt werden andere – die USA, Russland und China mit den Juniorpartnern Großbritannien und Frankreich – über das weitere Vorgehen entscheiden.

Das es so weit kommen musste, ist nicht die Schuld der Europäer, die ihre Geduld weit über den Punkt hin gedehnt haben, an dem man sich der Gefahr der Lächerlichkeit preisgibt. Nein, die Verhandlungen sind an der iranischen Führung gescheitert. Die hatte von den Europäern viel geboten bekommen, um von jenen Teilen der Atomtechnik zu lassen, die leicht für militärische Zwecke missbraucht werden können. Enge wirtschaftliche und wissenschaftliche Kooperation, Unterstützung der WTO-Mitgliedschaft Irans, sogar Sicherheitsgarantien waren – übrigens mit stillschweigender Billigung der Amerikaner – in Aussicht gestellt worden. Die Mullahs haben alles ausgeschlagen und damit gezeigt, dass sie die strategische Entscheidung getroffen haben, eine Atomwaffe besitzen zu wollen.

Es ist also höchste Zeit, dass nun mehr Druck aufgebaut wird. Weil Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad Israel mit Auslöschung droht. Aber auch, weil Teile Europas – etwa Griechenland – schon heute in der Reichweite der iranischen Schahab-3-Raketen liegen. Die Gefahr eines nuklearen Wettlaufs im Nahen- und Mittleren Osten ist ebenfalls sehr real. Ägypten und Saudi-Arabien signalisieren schon, auf die iranische Bombe mit nuklearer Aufrüstung zu reagieren. Und nicht auszudenken, in wessen Hände iranische Bomben gelangen könnten, wenn das Regime in Teheran einmal fällt. Schließlich wird das Nuklearprogramm maßgeblich von den Revolutionswächtern geleitet, die beste Beziehungen zur libanesischen Terrororganisation Hisbollah unterhalten. Von den apokalyptischen Neigungen eines Mystikers wie Ahmadinedschad ganz zu schweigen und dem Erpressungspotenzial, das Iran mit einer Bombe in der Hand hätte. Zudem wäre auch der Atomwaffensperrvertrag am Ende, wenn die Weltgemeinschaft zuließe, dass eines der problematischsten Regime des Globus vor aller Augen sein Bombenprogramm vollendet.

Viel steht also auf dem Spiel. Angesichts dessen muten die Instrumente seltsam unzureichend an, die nun in Ansatz gebracht werden. Um Russen und Chinesen vom Veto abzuhalten, wird der UN-Sicherheitsrat die Schrauben wohl nur langsam anziehen. Im Gegenzug werden die Iraner ihre Anstrengungen beschleunigen. Natürlich, da gibt es noch die Option gezielter Militärschläge, die das iranische Programm verzögern könnten. Aber sowohl die Amerikaner als auch die Israelis fürchten deren Folgen – Raketen auf Israel, eine Destabilisierung des Iraks, Guerillakampf der Hisbollah an Israels Nordgrenze und Terroraktionen der von Iran gesponserten palästinensischen Extremisten sind nur einige der Vergeltungsmöglichkeiten, die Teheran besitzt. Wer solch ein Szenario verhindern will, muss nun also auf schnellen und großen Druck setzen – und darauf hoffen, dass die Pragmatiker unter den Mullahs nicht bereit sind, die Konsequenzen einer wirtschaftlichen und politischen Isolierung zu tragen.

Die Weltgemeinschaft wird allerdings nur dann erfolgreich sein, wenn sie der Entschlossenheit der Mullahs zur Bombe eine mindestens ebenso große Entschlossenheit entgegenzusetzen vermag.

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