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Thomas de Maizière.

© dpa

Verteidigungsministerium: Ein Buchungstrick, der keiner ist

Das Verteidigungsministerium erfüllt die Sparvorgaben, ohne zu viel zu sparen. Der Abbau von Personal belastet de Maizières Ressort.

Von Robert Birnbaum

Thomas de Maizière mag nicht von einem Buchungstrick reden. Im Sinne einer höheren Gerechtigkeit ist es auch keiner – aber politisch betrachtet, da kann der Verteidigungsminister nur schwer widersprechen, ist er gut die Hälfte seiner Sparverpflichtungen losgeworden. Zwar weist der Einzelplan 14 formal korrekt über die Jahre hinweg die 8,3 Milliarden Euro Minus aus, die de Maizières Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg in der Sparklausur vor einem Jahr zugesagt hat. Doch wirklich sparen muss der Wehrminister nur 4,3 Milliarden. Den Rest erstattet ihm der Finanzminister in Jahrestranchen von je einer Milliarde Euro aus dem allgemeinen Haushalt.

Hinter diesem Mechanismus, den die beiden Häuser in einer Ressortvereinbarung für alle Zeiten festschreiben wollen, steckt ein Paradox. Das Verteidigungsressort leistet seit Jahren 80 Prozent des Personalabbaus der Regierung; der Umbau der Bundeswehr wird den Prozentsatz noch steigen lassen. Davon hat der Wehretat nur leider nichts. Denn die Abgebauten sind zwar nicht mehr im Dienst, aber weiter in Staatsdiensten und müssen bezahlt werden. De Maizière hat für diesen sinnwidrigen Effekt die Formel ausgegeben: „Für jeden, den ich entlasse, kann ich weniger tanken.“

Um in dieser vertrackten Lage überhaupt durch Personal- auch Finanzeinsparung zu ermöglichen, hat die Bundeswehr in der Vergangenheit beim Militär nur Wehrpflichtigenstellen gestrichen und in der Zivilverwaltung möglichst niemanden neu eingestellt, was zur mittlerweile unübersehbaren Überalterung der Ziviltruppe führte. Der Fortfall der Wehrpflicht setzt noch einmal eine halbe Milliarde Euro frei, die de Maizière in Materialerhaltung oder Beschaffung investieren kann. Doch schon heute hängt ihm ein „Überhang“ von bis zu 17 000 zivilen Mitarbeitern als finanzieller Klotz am Bein, deren Stellen in den verschiedenen Reformen seit Rudolf Scharping längst gestrichen sind, die aber bis zur Rente beschäftigt und bezahlt werden. Denn, so hat ein Staatssekretär einmal in ehrlicher Verzweiflung ausgerufen: „Ich kann die ja nicht erschießen!“

Für diesen „Überhang“ kommt jetzt Schäuble auf. Er überweist de Maizière bis 2015 jährlich eine Milliarde. Die Summe schrumpft mit jedem Zivilen, der einen Job im öffentlichen Dienst außerhalb der Bundeswehr findet. Schäuble hat deshalb im Kabinett eine Regelung durchgesetzt, nach der jedes Bundesressort, das eine neue Stelle schafft, erst einmal im Bundeswehr-„Überhang“ nach einem geeigneten Kandidaten suchen muss. Für den Finanzminister ist das wichtig, denn er spart Geld, und um die Finanzierung der neuen Stelle muss sich dann zum Beispiel der Innenminister kümmern. Für den Verteidigungsminister ist es egal – ob der Mitarbeiter geht oder bleibt, er kostet ihn nichts mehr.

„Fachlich richtig und deshalb auch politisch gut vertretbar“ nennt de Maizière diese Methode, denn sie verhindere ja nur, dass das Wehrressort für Personalabbau auch noch bestraft werde. Einen kleinen Teil der Milliarde holt sich Schäuble übrigens zurück: 500 Millionen Euro müssen alle Ministerien zusätzlich sparen, jedes nach seinem Anteil am Gesamtetat – auch das Verteidigungsministerium. De Maizière ist trotzdem aus der finanziellen Klemme. Dazu tragen zwei weitere Maßnahmen bei. Zum einen hatte Schäuble schon Guttenberg zugestanden, sein Einsparziel um ein Jahr auf 2015 zu verschieben. Das klingt nach wenig, führt aber dazu, dass der Verteidigungshaushalt von heute nominal 31,5 Milliarden Euro bis 2015 nur auf 30,4 Milliarden sinkt – die alte Zielmarke 2014 hätte zu nominal 27,6 Milliarden Euro geführt. Und noch einen Puffer hat de Maizière ausgehandelt. Sein Etat ist auf die Mindeststärke der Armee von 170 000 Zeit- und Berufssoldaten und 5000 Freiwilligen gerechnet. Politisch beschlossen ist aber, dass weitere Freiwillige kommen können. Diesen Überfluss zahlt ebenfalls Schäuble aus dem allgemeinen Haushalt – rund 2500 Euro im Monat pro Mann oder Frau.

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