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Politik: Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Lionel Jospin hat dem Benzin-Protest nachgegeben, der Brite Blair blieb hart. Wen soll sich Rot-Grün zum Vorbild nehmen?

Lionel Jospin hat dem Benzin-Protest nachgegeben, der Brite Blair blieb hart. Wen soll sich Rot-Grün zum Vorbild nehmen?

Was die Grünen wollen und Gerhard Schröder macht, sind zwei verschiedene Fragen. Unser Kanzler ist heute Deutschlands Sonnenkönig - einmal, weil er vieles richtig macht, zum Zweiten, weil die Opposition wegen eines doppelten Nachfolgeproblems (erst Kohl, dann Merkel) schwächelt. Anders aber als Ludwig XIV. regiert Schröder nicht von Gottes, sondern Volkes Gnaden. Das Wahlvolk hat inzwischen kapiert, dass es Opfer nicht nur der OPEC, sondern auch seiner eigenen Regenten ist. Diese sagen zwar "Öko", meinen aber hier und heute die Staatskasse, die von explodierenden Ölpreisen so prächtig profitiert wie die OPEC. Also wird Schröder das Öko-Prinzip hoch halten und in der Praxis strategisch positionierten Gruppen, dem Speditionsgewerbe, der klassischen SPD-Klientel (dem "kleinen Mann"), Erleichterung verschaffen. Das hat Jospin schon getan, das wird nach einer Schamfrist auch der King von Downing Street tun. Man darf gespannt sein auf seinen "Budget Speech" (Haushaltsrede) im November.

Diese Woche beginnt in Prag die Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds. Die Globalisierungsgegner haben massive Proteste angekündigt. Werden sie etwas erreichen?

Weltbank und Weltwährungsfonds sind den Regierungen untertan, nicht den Protestlern. Überdies sind diese Institutionen nicht an der Globalisierung schuld. Das ist, als wolle man dem Tankwart die leeren Zapfsäulen anlasten, die doch Sache des Marktes sind (zuviel Nachfrage, zuwenig Angebot). Die Protestler können allerdings zweierlei erreichen. Einmal: mehr Transparenz bei Weltbank und IWF, die bislang so informationsfreudig waren wie das Kardinalskonklave, das den Papst wählt. Zweitens: Die Besonneneren unter ihnen wird man einbinden. Das ist gut für beide Seiten. Die "Kardinäle" lernen, was ihre Schäflein umtreibt; die Demonstranten, dass die Weltwirtschaft komplizierter ist als die maskierten Verschwörungstheoretiker meinen.

Am Sonntag wählt Serbien. Erstmals hat Präsident Milosevic einen Konkurrenten, der in den Umfragen bereits wie der sichere Sieger aussieht: Vojislav Kostunica. Wird Milosevic das zulassen?

Wenn Milosevic nicht so ein Schurke wäre, könnte er einen wunderbaren Parteipolitiker westlicher Machart abgeben. Er herrscht fast schon so lange wie einst Helmut Kohl. Slobo der Schlaue hat zwei Bombardements durch das mächtigste Bündnis aller Zeiten überstanden. Den Umfragen zu glauben, hieße also diesen balkanischen Überlebenskünstler wieder einmal heftig zu unterschätzen. Wahrscheinlich hat er die Umfragen selbst manipuliert, um so seine Getreuen zu mobilisieren.

Ein Wort zum Außenminister: ...

Fischer ist ein postmodernes Phänomen, das in die Lehrbücher eingehen wird. Kein deutscher Politiker hat sich so oft neu erfunden wie der einstige Städtekampf-Experte. Und es funktioniert jedes Mal besser. Mit seinen glänzenden Umfragewerten sichert er seinen Grünen ihren Platz jenseits der fünf Prozent. Ginge er in der nächsten Etappe in die FDP, müsste Möllemann seinen Fallschirm packen, wären die Liberalen wieder am Kabinettstisch. Freilich sollte Fischer dann auch die Marathonkeucherei aufgeben und sich lieber ein Bäuchlein von Genscheresker Gravitas wachsen lassen. Dann müsste er sich nie mehr häuten, dann bliebe er Außenminister forever.

Lionel Jospin hat dem Benzin-Protest nachgegeben

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