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Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt

Feingeschneidert auftreten und einen beladenen Bock in die Einöde schicken.

War das Treffen zu Nahost in Washington mehr als ein Fototermin?

„WmdW“ fand den sehr hübsch: Obama mit Abbas und Netanjahu, Mubarak und König Abdallah auf dem roten Teppich – und alle im feingeschneiderten Tuch. Die interessanteste Nachricht: Abbas und „Bibi“ wollen alle zwei Wochen zusammenkommen, und dies, obwohl die friedensverachtende Hamas vier Soldaten und vier Siedler umgebracht hat. Noch ein kleiner Lichtblick: Abbas hat die Anschläge sofort verurteilt, wozu sich sein Vorgänger Arafat nie oder nur sehr gewunden durchringen konnte. Früher hätten solche Attacken den Prozess gestoppt, was auch das Ziel der Hamas war. Diesmal folgt die Verabredung für das nächste Treffen.

Die Bundesbank schickt Sarrazin in die Wüste. Wird jetzt alles gut?

So gut wie im Gefolge des Rituals der Israeliten, denen Aaron (Lev 16) auftrug, all ihre Fehler, Frevel und Sünden einem gewissen Bock aufzuladen und den in die „Einöde“ zu jagen. Außer in dem Blockbuster „Der Exorzist“, wo der Teufel aus dem Leib des Mädchens fährt, passiert nämlich gar nichts, wenn das Ritual der Selbstvergewisserung vorbei ist. Die Austreibung ändert nichts am Fehlverhalten – weder unter manchen Einwanderergruppen noch in der Mehrheitsgesellschaft, die gern helfen will, es aber nicht schafft. Hier ein Tipp: Eine Stunde Vorlesen bringt für „Brennpunkt“-Kids mehr als zehn Talkshows. So aber profitiert nur Sarrazin, dessen Buch schon in die 4. Auflage geht.

Die Arbeitslosigkeit in den USA steigt. Verliert Obama demnächst auch seinen Job?

Frühestens im November 2012, wenn er wiedergewählt werden muss. Doch davor, bei den Kongresswahlen in diesem November, werden so einige Demokraten ihren Job verlieren. Der jüngste Wettstand: Die Demokraten verlieren im Senat acht Sitze; das hieße, sie hätten nur noch einen mehr als die Hälfte. Im Repräsentantenhaus sieht es noch übler aus: 206 für die Republikaner, 194 für die Demokraten, 35 sind auf der Kippe. Geht die Wahl tatsächlich so aus, wäre es ein Misstrauensantrag gegen Obama; zudem könnte ein solcher Ausgang seine Lähmung im Parlament bedeuten. Doch weil alles in Amerika schneller abläuft als hier, hätte Obama noch reichlich Zeit bis 2012, um von links nach rechts zu gleiten. Der Mann ist mindestens so flexibel wie Sigmar Gabriel.

Ein Wort zum Außenminister …

„WmdW“ versteht es noch immer nicht, warum Guido W. „Antisemitismus“ ruft, wenn der zu Recht weltweit unbekannte Genom-Forscher Sarrazin vom „Juden-Gen“ plaudert. Genetische Unterschiede zwischen Juden und ihrem Umfeld gibt es tatsächlich; kein Wunder nach Jahrhunderten der Endogamie (nur untereinander heiraten). Antisemitismus ist Dämonisierung, nicht Beschreibung.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Fragen: mos.

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