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Politik: Visa-Ausschuss: Ankläger wirft Ministerien "Vernebelung" vor

Im Untersuchungsausschuss zur Visa-Affäre hat der Kölner Oberstaatsanwalt Egbert Bülles dem Auswärtigen Amt und dem Bundesinnenministerium Vernebelung und Verzögerung vorgeworfen. Der Jurist war bei dem Prozess gegen einen ukrainischen Menschenhändler tätig, der die Visa-Affäre ins Rollen gebracht hatte.

Berlin (17.03.2005, 15:45 Uhr) - «Da wurde mehr vernebelt als klargestellt», schilderte Bülles am Donnerstag in Berlin seine Erfahrungen aus dem Prozess.

Die politisch brisante Zeugenvernehmung von Bülles und dem Richter Ulrich Höppner löste noch vor Beginn der Sitzung einen heftigen Streit zwischen Opposition und Rot-Grün aus. Die Zeugenvernehmung begann erst mit zweistündiger Verzögerung. Zuvor hatten sich CDU und FDP und die Koalition gegenseitig Verzögerungstaktiken vorgeworfen.

Oberstaatsanwalt Bülles kritisierte, dass das Auswärtige Amt ihm wichtige Unterlagen wie den so genannten Volmer-Erlass («Im Zweifel für die Reisefreiheit») erst nach mehrmaligen Anfragen Ende November 2003 zur Verfügung gestellt habe. Die Hauptverhandlung habe aber schon Ende Februar 2003 begonnen. Das Urteil wurde am 9. Februar 2004 gesprochen. Mehrmals habe er dem AA geschrieben, sagte Bülles. Einen der Briefe habe er «als Abwatschen» empfunden. Er habe aber auch nicht konkret nach dem Erlass des früheren Staatsminister Ludger Volmer (Grünen) fragen können, da ihm die Bezeichnung der Weisung nicht bekannt gewesen sei.

«Die Unterstützung der Ministerien war nicht so berauschend», sagte Bülles. Das Innenministerium habe ihm wichtige Unterlagen erst vier Tage vor der Urteilsverkündung gegeben. Unterlagen aus dem AA über die Zustände an den Visa-Stellen etwa in Weißrussland, Aserbaidschan, aber auch Thailand habe er erst Mitte November 2003 erhalten. Da seien die Zeugen aber schon vernommen gewesen.

In dem Kölner Verfahren war der Ukrainer Anatoli Barg im Februar 2004 wegen gewerbs- und bandenmäßigen Schleusens zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Höppner wertete es damals als strafmildernd, dass die zuständigen Behörden die Straftaten des Angeklagten «sehr leicht» gemacht hätten. Ansonsten hätte die Gesamtfreiheitsstrafe bei acht Jahren gelegen. Barg war am 14. Mai 2002 festgenommen worden. Seit Mai 2001 war gegen seine Schleuserbande ermittelt worden. Unter anderem heißt es in dem Urteil, die Mitarbeiter der Botschaft in Kiew hätten sich durch den Volmer- Erlass verpflichtet gefühlt, Visaanträge «besonders großzügig zu bearbeiten, um Deutschland als weltoffenes (...) Land erscheinen zu lassen».

CDU-Obmann Eckart von Klaeden sagte vor Beginn der Sitzung: «Die Änderung der rot-grünen Einreisepolitik und die organisierte Schleuserkriminalität haben zusammengepasst wie der Schlüssel ins Schloss.» Mit «Taschenspielertricks» habe Rot-Grün durch die Geschäftsordnungsmehrheit den CDU-Antrag zur raschen Vernehmung von Außenminister Joschka Fischer (Grüne) verhindert. FDP-Obmann Hellmut Königshaus sprach von einer Taktik des «Blockieren, vernebeln, hinhalten». Später stellte Königshaus einen Antrag auf Verschiebung der Vernehmung der Zeugen auf Ende März, zog ihn aber wieder zurück. (tso)

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