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Politik: Von "Hallo Schatzi" bis zum "Nieren-Schlagen"

Mit 6154 Eingaben befasste sich der scheidende Wehrbeauftragte des Bundestags, Willfried Penner (SPD), in seinem Jahresbericht 2004. Die Beschwerden und Anzeigen reichen von ungleicher Behandlung bei Beförderungen bis zu Misshandlungen und Gewalt.

Berlin (15.03.2005, 16:33 Uhr) - Nachfolgend Auszüge aus dem fast 70-seitigen Bericht:

- Als Beispiel für Kameradenmisshandlung wird ein besonders schwerer Fall bei einer privaten Feier nach Dienstschluss angeführt: Nach einem Fußballspiel und anschließendem Alkoholgenuss wurde ein «Nieren-Spiel» erprobt. Ein Oberfeldwebel und ein Stabsunteroffizier schlugen sich dabei abwechselnd in die Nieren. Einer der Faustschläge führte zu einem Milzriss. Der Oberfeldwebel musste sich einer Notoperation unterziehen, bei der die Milz entfernt wurde.

- In 16 Fällen wurden Vorgesetzte von Untergebenen angegriffen. Der folgenschwerste Fall: Während einer Schießausbildung erschoss ein Obergefreiter ohne ersichtlichen Grund einen als Aufsicht eingeteilten Stabsunteroffizier und anschließend sich selbst. Ein Motiv für die Tat konnte nicht ermittelt werden.

- In 35 angezeigten Fällen wurden Untergebene von Vorgesetzten misshandelt. So schlug ein Korvettenkapitän mehrere Soldaten mit einem Kabelende auf verschiedene Körperteile. Auch nahm er einen Oberleutnant in den «Schwitzkasten». Konsequenz: Gegen den Marine- Offizier wurde ein Beförderungsverbot und eine Kürzung der Dienstbezüge verhängt.

- Beschwerdewürdig war in mehreren Fällen auch der Umgangston. So zwischen einem Hauptbootsmann und einem Obermaat: Der Ranghöhere bezeichnete den ihm unterstellten Obermaat monatelang als «Versager», «Nichtskönner» und «Blödmann». Der Vorgesetzte erhielt ein Disziplinarstrafe auf Bewährung.

- Der Bericht stellt fest, dass es in der Regel im Umgang zwischen weiblichen und männlichen Soldaten keine Probleme gibt. Ausnahmen wurden gemeldet: Ein Leutnant stellte sich hinter eine sitzende Soldatin und führte seine Hände von der Schulter bis zum Brustbereich der Frau. Dabei erklärte er, dass es sich bei seiner Aktion um eine Demonstration sexueller Belästigung handele, wie sie die Soldatin möglicherweise von männlichen Kollegen zu erwarten habe. Ein Amtsgericht verurteilte den Offizier.

- Empfindlich hat möglicherweise ein Soldat reagiert: Eine Stabsärztin bat den ihr unterstellten Hauptgefreiten mit «Hallo Schatzi» um die Anreichung von Instrumenten. Der Soldat fühlte sich durch die Anrede belästigt. Die Stabärztin wurde über ihre Pflichten als Vorgesetzte belehrt.

- Klagen gab es auch bei der Einsatzplanung für eine Auslandsverwendung: Ein Stabsunteroffizier wurde nach Mostar als Fahrer für den einzigen Bundeswehr-Omnisbus versetzt. Allerdings standen schon sechs andere Fahrer zur Verfügung.

-Im afghanischen Kundus verschlief mehr als die Hälfte der Soldaten einen Probealarm, weil die Sirene nicht funktionierte.

(tso) ()

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