zum Hauptinhalt

Politik: Vorbehalte gegen Gabriel

Hannovers SPD will den Verlierer nicht unbedingt als Oppositionschef / CDU und FDP fast einig

Von Klaus Wallbaum,

Hannover

Am Tag danach wird Wolfgang Jüttner, der bisherige Umweltminister, auf einmal ganz nachdenklich. Damals, Ende September, habe er wohl etwas überheblich gewirkt, sagt der SPD-Politiker. Für diesen Tonfall wolle er sich nun bei den Journalisten entschuldigen.

Am 23. September, Stunden nach der Bundestagswahl, hatte Jüttner Siegeszuversicht ausgestrahlt. Denn die Sozialdemokraten lagen beim Bundestagswahlergebnis in Niedersachsen um 13 Prozentpunkte vor der Union, ein großer Erfolg bei der wenige Monate später folgenden Landtagswahl schien so gut wie sicher zu sein. Das war wohl eine Fehleinschätzung, sagt Jüttner heute.

Aber dies bleibt nicht die einzige Botschaft des bisherigen Ministers. Jüttner übt vorsichtig Kritik am Wahlkampfstil. In der Schlussphase der Kampagne die CDU anzugreifen, sei zwar prinzipiell richtig gewesen. Aber die Distanz zu Kanzler Gerhard Schröder, die der Ministerpräsident und SPD-Spitzenkandidat Sigmar Gabriel im Wahlkampf erkennen ließ? Das Ergebnis zeigt, dass man nicht mit Aussicht auf Erfolg gegen die eigene Partei antreten kann, betont Jüttner und fügt noch einen Satz hinzu: Die Niedersachsen haben dies nicht verstanden. Das ist wohl unverhohlen eine Kritik an Gabriel, der selbst die Hauptverantwortung für die Wahlkampfführung trägt.

Soll der bisherige Ministerpräsident Oppositionsführer in Hannover werden und in fünf Jahren (dann ist er 48) erneut als Spitzenkandidat gegen Christian Wulff antreten? Viele in der Bundespartei, auch Kanzler Schröder, wünschen das so. In der Landespartei aber gibt es Vorbehalte. Die starken Verluste werden auch auf Gabriels Stil zurückgeführt, sein unstetes Auftreten und fehlende Gradlinigkeit. Bei der SPD wird zudem über fehlende Alternativen gesprochen. Jüttner könnte zwar die gedemütigte Partei zusammenführen, doch in fünf Jahren wäre er mit 59 Jahren wohl zu alt für eine Spitzenkandidatur.

Dieses Problem haben CDU und FDP nicht. Wulff hat mehrfach erklärt, er stelle sich auf eine lange Regierungszeit ein. Am Montag ließ er sich erst im Präsidium der Bundespartei feiern und klärte dann im CDU- Landesvorstand die ersten Schritte. Noch diese Woche sollen die Koalitionsverhandlungen beginnen, CDU und FDP sind sich weitgehend einig. Die ersten Zeichen möchte die neue Regierung in der Schulpolitik setzen. 2500 neue Lehrer noch 2003 hat Wulff im Wahlkampf angekündigt. Die FDP meldet leise Zweifel wegen der Finanzierbarkeit an, ein Kompromiss liegt aber nah.

Streitfragen zwischen den Koalitionären deuten sich bisher nicht an, es sei denn bei der Verteilung der Posten. Die FDP fühlt sich ungewöhnlich stark, einige in der Partei denken deshalb neben dem Wirtschaftsressort auch ans Innenministerium. Aus der CDU wird dies zurückgewiesen, weil die Christdemokraten eigentliche Wahlsieger seien. Ein paar Reibereien, so ist aus beiden Parteien zu hören, wird es in dieser Frage noch geben. Anfang März wird sich der Landtag konstituieren – wegen der Überhangmandate der CDU mit 183 Abgeordneten der größte, den es je gab. Bis dahin sind vier Wochen Zeit, und wenn die Partner keine Konflikte haben, müssen sie wenigstens welche inszenieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false