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Vorsorge: Streit um Verbindlichkeit der Patientenverfügungen

Die Deutsche Hospiz Stiftung hat erneut gesetzliche Regelungen für eine Patientenverfügung angemahnt. Mehrere Entwürfe dazu liegen den Parlamentariern vor. Im April soll abgestimmt werden.

Berlin - Patientenverfügungen sollen Ärzten und Betreuern Hinweise für die medizinische Behandlung geben, wenn ein schwer erkrankter Patient sich nicht mehr selbst äußern kann. Der Bundestag will voraussichtlich im April über ein Gesetz beraten und dies noch vor der Sommerpause verabschieden. Dabei werden vermutlich mehrere Entwürfe fraktionsübergreifend zur Abstimmung stehen. Umstritten ist insbesondere, ob eine Patientenverfügung endgültig sein oder noch weiteren Kontrollen unterliegen soll. Zudem diskutieren die Abgeordneten, ob eine Patientenverfügung nur bei tödlichen Krankheiten greifen soll.

Verbindlichkeit unklar

In Patientenverfügungen können Menschen beispielsweise erklären, ob sie nach einem Unfall auch in Bewusstlosigkeit möglichst lange leben wollen oder ob medizinische Geräte abgestellt werden sollen, wenn ein Wiedererwachen ausgeschlossen erscheint. Mehrere Millionen solcher Erklärungen soll es bereits geben. Wie verbindlich sie sind, ist aber nicht geregelt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte 2003 entschieden, dass es Körperverletzung und somit strafbar sein kann, wenn Ärzte oder Pflegekräfte einen Patienten gegen dessen erklärten Willen behandeln. Ebenso betonten die Karlsruher Richter, dass von Ärzten und Pflegekräften nicht verlangt werden kann, dass sie sich strafbar machen. Auch deshalb wird seit langem ein Gesetz gefordert.

Zwei Entwürfe liegen bereits aus der SPD vor, mindestens einen Dritten wird es aus der CDU geben. Der älteste Entwurf knüpft an eine Vorlage an, die Bundesjustizministerin Brigitte Zpries (SPD) bereits 2004 vorgelegt, mit Beginn der großen Koalition aber wieder zurückgezogen hatte. Die SPD-Arbeitsgruppe Recht um deren Vorsitzenden Joachim Stünker hat ihn überarbeitet. Danach sollen Menschen umfassende Möglichkeiten haben, ihren Patientenwillen schriftlich zu erklären. Dies soll dann auch immer vorrangig gelten. Eine Missachtung der Patientenverfügung gilt entsprechend der BGH-Rechtsprechung als Körperverletzung. Liegt keine Patientenverfügung vor oder macht sie zur konkreten Situation keine Aussagen, soll nur dann ein Vormundschaftsgericht entscheiden müssen, wenn es um den "mutmaßlichen Willen" Streit gibt.

Vormund soll Erklärung prüfen

Nach Überzeugung mehrerer Sozialdemokraten um den SPD-Abgeordneten René Röspel ist es fraglich, ob Menschen sich in die konkrete Situation etwa einer schweren Krankheit so hineinversetzen können, dass man frühere Erklärungen als allein verbindlich ansehen kann. Deshalb sollen die rechtlichen Betreuer - früher Vormund - den schriftlich erklärten Willen prüfen und auch häufiger das Vormundschaftsgericht eingeschaltet werden. Eine Behandlung wie Beatmung oder künstliche Ernährung soll zudem nur dann abgelehnt werden können, wenn eine unumkehrbar tödliche Krankheit vorliegt. Im Strafgesetzbuch soll ausdrücklich festgeschrieben werden, wann medizinische Geräte abgeschaltet werden dürfen.

Für die CDU arbeitet eine Gruppe um den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Bosbach an einem Entwurf, der voraussichtlich Ende März vorliegen soll. Die Positionen entsprechen in weiten Teilen denen des Röspel-Entwurfs, orientieren sich aber in Detailfragen noch stärker am Grundsatz "Im Zweifel für das Leben". Differenzen gibt es auch bezüglich schwerer Demenz und Wachkoma, die nicht tödlich sind, die aber kein wirklich waches Leben mehr erlauben und deren Folgen mit schwerem Leid verbunden sein können. (tso/dpa)

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