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Politik: Wahlen in Rumänien: "Wir sind flexibel wie die Italiener"

Ion Iliescu (70) war 1990 der erste frei gewählte Staatspräsident Rumäniens nach dem Sturz Ceausescus. Der am 3.

Ion Iliescu (70) war 1990 der erste frei gewählte Staatspräsident Rumäniens nach dem Sturz Ceausescus. Der am 3. März 1930 in einem kleinen Ort nahe der Hauptstadt Bukarest geborene Politiker lenkte sechs Jahre lang die Geschicke seines Landes, bevor er 1996 von seinem bürgerlichen Gegenspieler Emil Constantinescu abgelöst wurde. Wirtschaftliche Reformen kamen während dieser sechs Jahre nur schleppend voran. Minderheiten wurden diskriminiert, so dass sich viele Rumäniendeutsche zur Auswanderung nach Deutschland entschlossen. Iliescu gilt bei der Präsidentenwahl am Sonntag als Favorit.

Ministerpräsident Constantinescu zieht sich zurück, Ministerpräsident Mugur Isarescu tritt am Sonntag gegen Sie an. Ihr Wunschkandidat?

Die Hauptkräfte der Regierungskoalition, christdemokratische Bauernpartei und Liberale, haben keinen eigenen Kandidaten gefunden. Deshalb mussten sie einen Outsider nominieren: den parteilosen Premier Isarescu. Sie sind politisch gescheitert.

Sie haben schon gewonnen?

Nicht unbedingt. In der ersten Runde gibt es viele Kandidaten. Ob der Führende in der Stichwahl die Nase vorne hat, ist die Frage.

1996 führten Sie in der ersten Runde - und verloren in der Stichwahl gegen Emil Constantinescu vom Demokratischen Wahlbündnis. Das Klima ist rauer geworden, es kommt zu Gewalt gegen Politiker und Gewerkschafter.

Das liegt nicht am Wahlkampf, sondern an der gespannten sozialen Lage. Die Lebensbedingungen haben sich verschlechtert. Der Mord an einem Gewerkschafter in Iasi vor einigen Wochen hat mit der fehlgeschlagenen Privatisierung zu tun. Dagegen haben er und die Arbeiter protestiert. Die Korruption der Gesellschaft ist das Problem.

Solche Nachrichten prägen aber das Ansehen Rumäniens im Ausland: prügelnde Bergarbeiter, bettelnde Roma, vergiftete Flüsse. Der scheidende Staatspräsident Emil Constantinescu hat im Juli in einer dramatischen Rede begründet, warum er nicht wieder antritt: Die Reformen seien gescheitert, er habe das Spinnennetz der Korruption nicht besiegen können, es gebe mächtige Seilschaften der Securitate, der Geheimpolizei Ceausescus. Ein treffendes Bild?

Das wäre ein ungerechtes Bild. Es enthält Realitäten, ist aber einseitig. Zigeuner und vergiftete Flüsse gibt es nicht nur in Rumänien. Wie sahen denn Rhein und Ruhr Ende der 60er Jahre aus? Wir leben noch auf einem niedrigen ökonomischen Niveau. Die politischen Strukturen sind weniger effektiv. Die bürgerliche Regierung hat das alles noch verschlimmert. Dass Constantinescu nicht wieder antritt, ist ein Offenbarungseid.

Was würden Sie anders machen?

Der Präsident muss das Amt wieder ausfüllen. Er ist die Klammer von Regierung, Parlament und Justiz, der Garant der Gewaltenteilung. Er muss falsche Einflussnahmen verhindern und für sozialen Dialog sorgen. Er darf keine Parteipolitik machen.

Ihre Kritiker sagen, Sie führen Rumänien zurück zu Planwirtschaft und Ein-Partei-Diktatur und werden das Reformtempo deutlich verlangsamen.

Man kann nicht zurück. Die Wende in Rumänien ist unumkehrbar. Über das Tempo der Reform kann man diskutieren. Was Transformation bedeutet, verstehen in Westeuropa sowieso nur die Deutschen, weil sie die ehemalige DDR sanieren. Dort hat man über 1000 Milliarden Mark investiert - und trotzdem sind viele Bürger noch unzufrieden. Was sollen wir da in Rumänien sagen, wo wir diese Ressourcen nicht haben? Aber wir können das Reformtempo noch steigern.

Würden Sie Ihre Regierung, wie 1992, von den extremen Nationalisten unterstützen lassen? Ihr Premierminister-Kandidat Adrian Nastase hat das angekündigt.

Als Koalitionspartner kommen sie nicht in Frage. Parlamentarische Unterstützung ist eine andere Sache. Wir hatten damals allein keine Mehrheit, und die bürgerlichen Parteien verweigerten die Zusammenarbeit.

Was heißt das für die heutige Situation?

Wir haben gute Chancen, die Wahl mit 45 Prozent allein zu gewinnen. Ein Vertreter der Großrumänien-Partei hat im Übrigen erklärt, er werde in der Präsidentenwahl nicht mich, sondern Premier Isarescu unterstützen.

Es gibt sehr viele widersprüchliche Erklärungen in diesem Wahlkampf.

Wir sind so flexibel wie die Italiener. Auch da haben wir kein Monopol.

Der Exodus der deutschen Minderheit scheint gestoppt zu sein. Etwa 50 000 sind noch da. Können Rumäniendeutsche mit der Rückgabe ihres enteigneten Besitzes rechnen, damit die einen hierbleiben und andere vielleicht zurückkommen?

Ob das hilft? Wir bedauern den Verlust dieser fleißigen und gut ausgebildeten Menschen sehr und würden uns freuen, wenn einige zurückkehren. Für die Rückgabe enteigneten Besitzes gibt es inzwischen Gesetze. Nicht alle sind in Deutschland glücklich geworden.

Ministerpräsident Constantinescu zieht sich z

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