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Muss täglich dementieren. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers Foto: dpa

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NRW-Wahlkampf: Düsseldorfer Klüngel

Dubiose Machenschaften im Umfeld des Ministerpräsidenten Rüttgers stören seinen Wahlkampf. Inzwischen sind gleich mehrere Dokumente aufgetaucht, die der Union zusetzen

Andreas Krautscheid hatte sich den Endspurt des Wahlkampfes anders vorgestellt. „Wir setzen auf die Kompetenz des Ministerpräsidenten“, hatte der neue CDU-Generalsekretär in der Düsseldorfer Parteizentrale als Parole ausgegeben und seine Truppe davon zu überzeugen versucht, dass das demoskopische Zwischentief vor Ostern nur eine kleine Schwäche gewesen ist. Wie auf Bestellung liefert nun Forsa wieder etwas günstigere Zahlen für die schwarz-gelbe Koalition. CDU und FDP liegen demnach wieder drei Punkte vor rot-grün. „Die Spendenaffäre ist vergessen“, frohlockten die Planer in Düsseldorf. Sie könnten sich zu früh gefreut haben. Inzwischen sind gleich mehrere Dokumente aufgetaucht, die der Union zusetzen: Die Unterlagen belegen, dass die CDU beim Spendensammeln vor fünf Jahren reichlich kreativ war. Außerdem gibt es Christdemokraten, die Jürgen Rüttgers ausgerechnet in der heißen Phase des Wahlkampfes zu beschädigen versuchen.

„Die sind nach nur fünf Jahren genauso machtversessen, wie die Sozis nach 39 Jahren“, urteilt ein alter CDU-Mitstreiter ernüchtert über die Truppe, die Jürgen Rüttgers um sich versammelt hat. Der Ministerpräsident ist inzwischen fast jeden Tag mit einer Spendenaffäre konfrontiert.

Der jüngst Fall rankt sich um einen Vorgang aus dem Jahre 2005. Jürgen Rüttgers freute sich damals über die Unterstützung von 100 Unternehmen, die sich per ganzseitiger Zeitungsannonce dazu bekannten, dass sie den CDU-Politiker wählen würden. „100 Unternehmer für den Wechsel“, lautete deren Motto. Hinter der Initiative stand Tim Arnold, ein Christdemokrat, der im Büro von Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff Industrieerfahrung gesammelt hatte. Arnold geriet jetzt unter Druck wegen einer Spende des Autozulieferers Hella für die Initiative über 10 000 Euro. Der damalige Hella-Geschäftsführer Jürgen Behrend hatte offenbar erwartet, dass er eine Spendenquittung für diesen Betrag erhielt; als das nicht geschah, wollte er sein Geld zurück.

Bundestagspräsident Lammert muss sich schon wieder mit einem dubiosen Spendenvorgang beschäftigen

Über diesen Vorgang wurde allerdings nicht nur zwischen Hella und der Initiative diskutiert. Die CDU-Parteizentrale war offenbar tief in die Sache verwickelt, wie Mails belegen, die auch dem Tagesspiegel vorliegen. „Es bleibt alles beim alten, wir brauchen nicht zurückzahlen“, schreibt Tim Arnold an Boris Berger, den Wahlkampfplaner und Vertrauten von Rüttgers, der nach verschiedenen Affären inzwischen wieder aus der Staatskanzlei in die Parteizentrale zurückversetzt worden ist. Aufhorchen lassen zwei Dinge in dem Schriftwechsel, den Berger mit den Worten „Super! – vielen Dank“ quittierte: Erstens schildert Arnold, dass er Hella bewegen konnte, die Spende als Betriebsausgabe steuermindernd zu verbuchen. Zweitens bittet er, das „CDU-Konto Wähler für den Wechsel“ zu überprüfen und bei der „Danksagungsaktion“ zu berücksichtigen.

Generalsekretär Krautscheid reagierte brüsk auf die Frage, ob hier Parteispenden über Umwege bei der CDU gelandet sein könnten und sprach von „Verleumdung“. Er bestreitet, dass es ein entsprechendes Konto bei der CDU gegeben hat. Damit muss sich Bundestagspräsident Norbert Lammert schon wieder mit einem dubiosen Spendenvorgang seiner Parteifreunde aus Nordrhein-Westfalen beschäftigen; er hat eine entsprechende Untersuchung zugesagt.

Hella hat sich inzwischen bei den Finanzbehörden über eine Selbstanzeige aus der Schusslinie zu bringen versucht und zugegeben, dass der Betrag zu Unrecht als Betriebsausgabe verbucht worden ist. Hier steht nach unterschiedlichen Aussagen der Beteiligten die Frage im Raum, ob es eine entsprechende Rechnung gegeben hat und wer sie auf wessen Veranlassung ausgestellt hat. Unterdessen macht jener Boris Berger neue Schlagzeilen. Diesmal geht es um einen Dienstwagen, den er bis zu seinem Wechsel in die Staatskanzlei 2005 auf CDU-Kosten gefahren hat. Er sollte den Wagen damals quasi als Geschenk übernehmen, so hatte man es verabredet, bevor die Sache wegen eines kleinen Unfalls auffiel und rückgängig gemacht wurde. In der Zwischenzeit, das belegen ebenfalls in Düsseldorf aufgetauchte Unterlagen, muss auch Rüttgers von dem Deal gewusst haben. Der bestreitet dies, wird sich aber in den kommenden Tagen mit weiteren kritischen Fragen beschäftigen müssen. Vielleicht wirkt er deshalb im Wahlkampf häufig so angespannt.

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