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Der arbeitende "Arbeiterführer": Jürgen Rüttgers will mit Kompetenz überzeugen.

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Teil 4: Kompetent gegen herzlich, stabil gegen fair

Der Wahlkampf in NRW geht in den Endspurt, SPD und CDU versuchen den Wählern am Straßenrand ihre zentralen Botschaften einzubläuen, auf den richtigen Ton kommt es dabei an. Der vierte Teil unseres Wahlkampftagebuchs.

Dienstag, 27. April, 11.00 Uhr

Jeder Wahlkampf ist schon deshalb anstrengend, weil die Parteien überall im Lande Plakate aufhängen. Sie zwingen alle professionellen Betrachter an jeder Straßenecke zu der Frage, was haben sich die Parteien eigentlich dabei gedacht. Warum lächelt die Kandidatin trotz Wirtschaftskrise, warum schaut der Kandidat so ernst, macht ihm seine Arbeit keinen Spaß? Warum macht sich die eine Partei ausgerechnet für "Arbeit. Kinder. Sicherheit" stark und warum nicht für "Renten. Schüler. Umwelt"? Warum meint die andere Partei, auf Worte wie "Verantwortung", "Vertrauen" oder "Zuversicht" setzen zu müssen. Die Werbestrategen werden sich schon etwas dabei gedacht haben, vor allem in diesen Tagen, wo in Nordrhein-Westfalen ein spannender Wahlkampf auf den Endspurt zusteuert.

Jürgen Rüttgers schaut seine Wähler nicht an, konzentriert blickt der christdemokratische Ministerpräsident auf ein Blatt Papier, das auf seinem Schoß liegt. Er trägt einen dunklen Anzug, in der rechten Hand hält er einen Stift. "Kompetenz garantiert" steht dazu auf dem Plakat sowie die Botschaft "NRW muss stabil bleiben" und ein Slogan, den einst die Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr geprägt haben: "Wir in Nordrhein-Westfalen". In diesen Tagen wird das Plakat mit dem arbeitenden Arbeiterführer überall in NRW aufgestellt. Es ist eine der beiden zentralen Botschaft, mit der die CDU den Wahlkampf-Endspurt bestreiten will, "Arbeit sichern. Arbeit schaffen." heißt die andere, sie ziert das zweite CDU-Großplakat.

Kompetenz nimmt auch Rüttgers Herausforderin Hannelore Kraft für sich in Anspruch - dabei will sie aber "herzlich" wirken.
Kompetenz nimmt auch Rüttgers Herausforderin Hannelore Kraft für sich in Anspruch - dabei will sie aber "herzlich" wirken.

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Zwölf Tage dauert die Schlacht um NRW noch. Sie hat sich völlig unerwartet zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Amtsinhaber und der SPD-Herausfordererin Hannelore Kraft entwickelt. Der Wahlausgang ist also ungewiss. Alle Parteien legen sich mächtig ins Zeug und wie es sich für einen ordentlich Wahlkampf gehört, haben die Parteien das ganze Land mit Plakaten vollgehängt, um den Wähler ihren Kernbotschaften einzubläuen.

Wenn kein Wahlkampf ist, dann fragen sich selbst viele Politiker gelegentlich, ob Plakate im Wahlkampf überhaupt etwas nutzen, ob die Wähler diese und die unterschiedlichen Botschaften der Parteien darauf überhaupt wahrnehmen und unterscheiden können? Ließe man das Parteien-Logo weg, würden viele Wähler vermutlich sogar rätseln, welche Partei da gerade ihre Stimme haben wollen. Aber kein Politiker traut sich, auf die teure Materialschlacht am Straßenrand zu verzichten. Früher diente diese vor allem der Mobilisierung der eigenen Anhänger. Den Stammwählern wurde signalisiert, aufgepasst es ist Wahl. Aber seit die Zahl der unentschlossenen Wähler dramatisch zugenommen hat, seit es immer mehr Wechselwähler gibt und dieser sich zudem erst in den letzten Tagen vor der Wahl entscheiden, kommt es immer entscheidender darauf, welche Botschaft von den Parteien dann kommuniziert wird.

Kurz müssen sich die Politiker fassen, auch wenn es ihnen schwer fällt. Auch wenn die Plakate groß sind, gibt es nicht viel Platz, um die Botschaft in Bilder und Worte zu fassen. Im Bundestagswahlkampf hat die SPD versucht, mit langen Statements auf ihren Plakaten zu werben und hat damit Schiffbruch erlitten. In den zwei, drei Sekunden, die Passanten und vor allem Autofahrer auf die Plakate blicken, muss die Botschaft rüberkommen. Der Plakat-Wahlkampf zwingt die Parteien also ohne langes Drumherumreden und ohne Nebensätze auf den Punkt zu kommen.

Drei Schlüsselworte präsentiert die CDU in NRW auf ihren Großflächen: Arbeit, Kompetenz und Stabilität, dazu einen ernsten Ministerpräsidenten, der versucht seinen Amtsbonus voll zur Geltung zu bringen. Mit ähnlichen Motiven hat schon die Kanzlerin den Bundestagswahlkampf im vergangenen Jahr bestritten, die CDU setzt also auf ein Erfolgsrezept.

Anders die SPD, sie hat aus ihrem Plakat-Debakel bei der Bundestagswahl gelernt. Und so steht auf jedem Plakat nur noch ein Wort im Mittelpunkt. Vier zentrale Motive gibt, also vier Schlüsselworte: aufrichtig, fair, herzlich und Einsatz, sowie der Slogan "So ist mein NRW". Dazu lächelt die SPD-Herausfordererin mit den schulterlangen blonden Haaren was Backenmuskeln hergeben, blickt dem Wähler freudestrahlend in die Augen.

Die Botschaften von SPD und CDU könnten also unterschiedlicher nicht sein: Kompetent gegen herzlich, stabil gegen fair, ernst gegen fröhlich. So einfach kann Wahlkampf sein und man muss fast zwangsläufig an einen alten Werbeslogan für Waschmittel denken: "Ariel. Wäscht nicht nur sauber, sonder rein."

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