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Politik: Wahlversprechen mit Folgen

Warschau will nach Spaniens Truppenabzug im Irak kein Lückenbüßer sein / Abkommen für Falludscha

„Frieden und Freiheit im Irak", riefen die Menschen im Zentrum der spanischen Hauptstadt Madrid. Tausende feierten noch in der Nacht zum Montag mit Gesängen und Sprechchören den angekündigten Rückzug der fast 1400 spanischen Soldaten aus dem Irak. Stunden zuvor hatte der sozialdemokratischer Regierungschef José Luis Zapatero angeordnet, „dass die spanischen Truppen, die im Irak eingesetzt sind, so schnell wie möglich heimkehren sollen".

Die Eil-Entscheidung Zapateros, der erst am Wochenende vereidigt worden war, überraschte Parteigenossen wie politische Gegner. Der 43-jährige Sozialdemokrat hatte zwar schon vor einem Jahr als Oppositionschef versprochen, dass er bei seiner Machtübernahme die spanische Unterstützung für den „illegalen Irakkrieg" aufheben werde. Doch dass der neue Mann an der Spitze Spaniens schon 36 Stunden nach seinem Antritt Fakten schaffen würde, hätte kaum jemand gedacht. Zapatero hatte den Beschluss diskret vorbereiten lassen. Zunächst hatte er im Wahlkampf den Abzug der Truppen für den Fall angekündigt, dass die Vereinten Nationen nicht rasch die Kontrolle im Irak übernehmen. Anschließend hatten Zapateros designierter Außenminister Miguel Angel Moratinos und Verteidigungsminister José Bono nach dem Wahlsieg den Geheimauftrag erhalten, in den USA, bei der EU und den UN die Chancen für eine neue UN-Resolution auszuloten. Ergebnis: Es gebe „keine Hinweise" auf „wesentliche Änderungen" im Irak.

So stellte sich am Montag auch die Bundesregierung in Berlin hinter Madrid: „Der Vorwurf eines Einknickens wird von uns nicht geteilt“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Walter Lindner. Die autonome Entscheidung der spanischen Regierung sei lange angekündigt und komme nicht überraschend. Regierungskreise in Berlin sehen im Rückzug eine psychologische, kaum aber eine militärische Schwächung der Alliierten im Irak.

Das 1300 Mann starke Kontingent der Spanier ist in der Zone Zentrum-Süd stationiert, die unter Polens Kommando steht. Die Polen suchen nun händeringend nach Ersatz. „Bisher hat sich noch kein Land bereit erklärt, einzuspringen“, sagt Verteidigungsminister Jerzy Szmajdzinski. Polen selbst wird sein Militärkontigent im Irak auch nach dem Abzug der Spanier nicht verstärken. Wie ein Sprecher des polnischen Außenministeriums dem Tagesspiegel sagte, sei für Warschau eine Erhöhung der derzeitigen Truppenstärke von rund 2200 polnischen Soldaten „ausgeschlossen“. Warschau habe damit gerechnet, dass Spanien sein Kontingent erst im Sommer abberufen werde. Die Ankündigung vom Sonntag sei eine „unangenehme Überraschung“. Es wird nun erwartet, dass die USA die durch den Abzug der Spanier entstandenen Lücken auffüllen.

Während der geplante Rückzug der spanischen Truppen nach US-Medienberichten einen Rückschlag für Bushs Regierung bedeutet, schien sich am Montag die Lage im Irak etwas zu entspannen: Der Sprecher der US-Verwaltung im Irak, Dan Senor, gab bekannt, dass sich Vertreter der Besatzungsmacht und der Bürger der Aufständischen-Hochburg Falludscha auf eine gemeinsame Erklärung geeinigt hätten, um die Lage zu entschärfen. Demnach verpflichten sich die Bürger von Falludscha, alle Angriffswaffen abzugeben und gemeinsame Patrouillen von US-Streitkräften und irakischen Sicherheitsorganen zuzulassen. (mit dpa)

Ralph Schulze[Hans Monath], Thomas Roser

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