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Politik: Wandel durch Handel

Beim Kanzler-Besuch in Schanghai dreht sich alles um die Wirtschaft

Mehr als zehn Stunden Flug nimmt der Kanzler auf sich, um eine gute Viertelstunde durch Schanghai zu schweben. Kurz vor dem Jahreswechsel wird Schröder dort die erste kommerzielle Strecke des Transrapid einweihen. Mit ihm reisen an diesem Wochenende Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Verkehrsminister Manfred Stolpe (beide SPD) nach China. Keine drei Tage werden sie im Land bleiben.

China-Politik ist für Schröder Chefsache. Die Reise ist bereits sein vierter Besuch seit 1998 und ein Zeichen, dass beiden Länder die Beziehungen wichtig sind. Im Vordergrund steht dabei die Wirtschaft. Der Handel boomt. China hat in diesem Jahr Japan als Deutschlands wichtigster Handelspartner in Asien abgelöst. Ein Beispiel für die wachsende chinesische Wirtschaft ist der Automarkt. Der VW-Konzern verkaufte in diesem Jahr erstmals 500 000 Autos in China – das ist rund ein Zehntel seiner Weltproduktion.

Ein Grund für den Erfolg der deutschen Firmen ist die Unterstützung durch Berlin, die bei Großaufträgen in China nach wie vor eine wichtige Rolle spielt. Zu Premier Zhu Rongji, einem zupackenden Wirtschaftslenker, hat der Kanzler einen guten Draht. Mit Zhu verabredete Schröder vor zwei Jahren die Transrapid-Strecke in Schanghai. Die Einweihung der 31 Kilometer langen Zubringerstrecke zum Flughafen der Stadt am 31. Dezember ist Hauptprogrammpunkt der Kanzler-Reise. Zwei Mal werden Schröder und Zhu die achtminütige Fahrt zurücklegen – auf der kurzen Strecke erreicht der Zug gerade das Spitzentempo von 430 Stundenkilometern.

Die deutschen Firmen, die auf Folgeaufträge für den Transrapid in China hoffen, sind auf die politische Hilfestellung des Kanzlers dringend angewiesen. Für die geplante Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Peking und Schanghai, rund 1300 Kilometer lang, steht der Transrapid offenbar nicht mehr zur Debatte. Im Gespräch sind dafür kürzere Verbindungen wie zwischen Kanton und Hongkong oder eine Verlängerung der Schanghai-Strecke in die Provinzhauptstadt Hangzhou. Eine Entscheidung ist bisher jedoch nicht getroffen.

Auch wenn deutsche Diplomaten die politischen Gespräche in Peking betonen, spielt die Politik bei diesem Besuch nur eine untergeordnete Rolle. Als wachsende Großmacht und ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrats sieht sich China auf einer Ebene mit den USA und Russland – Deutschland ist höchsten für die Europa-Politik von Bedeutung.

In Peking wird Schröder mit Staatschef Jiang Zemin sowie weiteren führenden Politikern Chinas zusammentreffen. Am wichtigsten ist dabei das Gespräch mit dem neuen Parteivorsitzenden und designierten Präsidenten Hu Jintao – die beiden kennen sich bereits von einem Besuch Hus in Deutschland. In den Gesprächen wird es voraussichtlich um den Irak und Nordkorea gehen. Mehrere Dutzend Nordkoreaner hatten in diesem Jahr Zuflucht in der deutschen Schule und in der Botschaft in Peking gesucht. Die beiden Gelände werden seitdem von der chinesischen Sicherheitspolizei mit Stacheldraht abgeschirmt.

Harald Maass[Peking]

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