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Politik: Warum sich Kanzler Schröder überzeugen lässt, die Arbeitsgenehmigungen für Ausländer zu lockern

Sensible Themen behandelt der Kanzler persönlich. Ausländer, vor allem wenn sie in Deutschland arbeiten möchten, sind ein sensibles Thema.

Sensible Themen behandelt der Kanzler persönlich. Ausländer, vor allem wenn sie in Deutschland arbeiten möchten, sind ein sensibles Thema. Kanzler Schröder konnte deswegen nur schwer davon überzeugt werden, die Bestimmungen für Arbeitsgenehmigungen ausländischer Fachkräfte zu lockern. Oder zumindest einen flexiblen und unbürokratischen Umgang mit den Arbeitsgenehmigungen anzukündigen. Die Cebit-Messe in Hannover sei doch dafür der richtige Ort, flüsterten seine Berater ihm ins Ohr. Vor der versammelten Elite der Informationstechnik-Industrie aus aller Welt könnte der Kanzler punkten, wenn er die Begehren der Unternehmen ernst nehme und ihnen freie Arbeitskräftewahl ankündige.

Im gestern tagenden Kabinett musste Bildungsministerin Bulmahn (SPD) hart argumentieren, bevor sie Schröder davon überzeugen konnte. Denn Kollege Riester lehnt eine Öffnung der Landesgrenzen für osteuropäische oder asiatische Fachkräfte ab. Bei über 30 000 deutschen Arbeitslosen in einem der zahlreichen Informationstechnikberufe - neudeutsch IT-Jobs genannt - und 56 000 arbeitslosen Ingenieuren aller Fachrichtungen will er keinen Ausländer ins Land lassen.

Da nützt es auch nichts, dass der Branchenverband Bitkom seit Monaten anmahnt, den IT-Unternehmen fehlten 75 000 qualifizierte Arbeitskräfte. Das einzige Wachstumshemmnis der Unternehmen sind mangelnde Fachkräfte, heißt es aus den Vorstandsetagen der Branche. Und wenn nicht schnell das Arbeitsrecht geändert wird, dann wandern die Unternehmen der Zukunftsbranchen ins Ausland ab.

Doch was für die grüne Parteibasis der Atomausstieg, ist für die SPD der Zuzug von arbeitssuchenden Ausländern. Bei vier Millionen Arbeitslosen in Deutschland befürchten die Sozialdemokraten die 20 Zentimeter großen Lettern in den Überschriften der Boulevardzeitungen: Ausländer nehmen Deutschen die Arbeit weg. "Es gibt eine Menge Leute in Deutschland, die nicht akzeptieren würden, wenn Ausländer die Jobs bekommen", heißt es im Arbeitsministerium. Dabei sichern die ausländischen Fachkräfte die Arbeitsplätze aller in den Kommunikations- und Informationsunternehmen Beschäftigten.

"Der Mangel an Arbeitskräften führt zu gravierenden Problemen," sagte Franz Schoser, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelstages. Denn das "Arbeitskräfteangebot und die Nachfrage driften weit auseinander". Der Mangel an Technikern und Ingenieuren führe in manchen Branchen zu Wachstumshemmnissen. Und wenn Industrien nicht mehr wachsen, nicht genügend neue Produkte entwickeln und auf den Markt bringen können, dann sehen sie sich zwangsläufig nach neuen Märkten um. Die Unternehmen suchen dann nicht mehr nur nach neuen Absatzmärkten, sondern nach Märkten für das Humankapital.

Laut Branchenverband Bitkom sind die Unternehmen der Mobilkommunikation allein 1999 um 34 Prozent und die Internetdienste um 37 Prozent gewachsen. In diesem Jahr sollen die Unternehmen von der kleinen Hinterhoffirma bis zum Weltkonzern mit den neuen Technologien rund 235 Milliarden Mark umsetzen. An dem neuerlichen Wachstum von knapp zehn Prozent werden auch die 40 000 Auszubildenden in den Unternehmen mitarbeiten. Die Branche hat sie eingestellt, um den Fachkräftemangel abzubauen. Sie kommt damit auch ihren Verpflichtungen aus dem Bündnis für Arbeit nach. Darin hatten sich die Unternehmen verpflichtet, bis 2003 diese Anzahl an Menschen auszubilden. Doch der Druck der Entwicklungsabteilungen war größer.

Ulrike Fokken

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