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Zahlreiche Menschen sind am 31.12.2015 in Köln (Nordrhein-Westfalen) auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs zu sehen. In der Silvesternacht waren am Kölner Hauptbahnhof Frauen sexuell belästigt und ausgeraubt worden.

© dpa

Übergriffe von Köln: Was Politiker und Medien anderer Länder sagen

Die Übergriffe auf Frauen in Köln erschrecken die ganze Welt. Berichte aus der Türkei, Frankreich, Großbritannien, USA, Schweden, Slowakei und Polen.

Die Übergriffe auf Frauen in Köln in der Silvesternacht haben in vielen Ländern starke Reaktionen ausgelöst. Es folgen Berichte aus der Türkei, Frankreich, Großbritannien, USA, Schweden, Slowakei und Polen.

Türkei

Vielen Türken kamen die Szenen von Köln bekannt vor. Nach den Silvester-Feiern auf dem zentralen Taksim-Platz von Istanbul, wo sich jedes Jahr tausende Menschen drängen, um das neue Jahr zu begrüßen, gibt es regelmäßig Berichte über sexuelle Übergriffe gegen Frauen, häufig Ausländerinnen. „Taksim-Missbrauch nach Europa exportiert“, lautete eine türkische Schlagzeile nach den Vorfällen von Köln. Mit Sorge beobachten türkische Zeitungen die Folgen der Diskussion über die Übergriffe. Ahmet Külahci, der Berliner Bürochef der „Hürriyet“, schrieb in einer Kolumne in der Europa-Ausgabe seiner Zeitung, die AfD und die CSU versuchten, die Vorfälle für einen populistischen Stimmenfang auszubeuten. Bereits seit Längerem beklagen türkische Politiker die Zunahme anti-muslimischer Ressentiments in Europa wegen der Flüchtlingskrise. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte kürzlich, in der Türkei gebe es trotz der Anwesenheit von 2,2 Millionen Syrern und 200.000 Irakern keine ausländerfeindlichen Tendenzen: „Wir haben kein Pegida.“ Thomas Seibert

Frankreich

In der französischen Öffentlichkeit finden die Ausschreitungen von Köln ein großes Interesse. Der Deutschland-Korrespondent des Magazins „Marianne“, Thomas Schnee, ist der Meinung, dass die politischen Auswirkungen der Kölner Exzesse nicht zu unterschätzen sind: „Pegida hat jetzt ein Totschlagargument.“ So wie andere Blätter schilderte auch die Zeitung „Le Monde“ ausführlich die „neue Dimension der Gewalt“. Das Blatt hielt es für angezeigt, die französischen Leser darüber aufzuklären, warum das Geschehen in Köln hierzulande so viel Aufregung verursacht: In Deutschland, hieß es, seien die Beziehungen zwischen Männern und Frauen normalerweise von großem Respekt geprägt, und Frauen würden „selten auf der Straße belästigt“. Im Umkehrschluss heißt das offenbar, dass dies in Frankreich anders ist. Die Reaktion des rechtspopulistischen Front National (FN) auf die Geschehnisse in Köln ließ derweil nicht lange auf sich warten. FN-Vizechef Florian Philippot erklärte, dass die Gewalt die Folge eines „erzwungenen Multikulturalismus“ sei. Auf Twitter rief Philippot zur Solidarität mit den in Köln angegriffenen Frauen auf, die „Opfer dieses Schreckens“ geworden seien. Albrecht Meier

Großbritannien

In Großbritannien fiel dem Sender BBC das hämische Echo in den sozialen Netzwerken auf, das die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit ihrer „Armlängen“-Äußerung hervorgerufen hatte. In britischen Zeitungen herrscht unabhängig von deren politischer Ausrichtung der Tenor vor, dass es nichts bringe, die Herkunft der Täter aus falsch verstandenem Anti-Rassismus zu verschweigen. So geht die Kommentatorin im linksliberalen „Guardian“ zwar einerseits mit Ausländerfeinden hart ins Gericht. Andererseits kommt sie aber zu dem Schluss, dass auch Liberale nicht davor zurückschrecken sollten, unbequeme Fragen zu stellen. Dazu gehöre die Frage, ob die Ursache für die Kölner Gewalt darin liegen könne, dass die jungen Migranten es aus ihren Herkunftsländern gewohnt seien, Macht über Frauen auszuüben. Wie im „Guardian“ wird auch in der konservativen „Times“ daran erinnert, dass die Tabuisierung der ethnischen Hintergründe eines Missbrauchsskandals im britischen Rotherham großen politischen Schaden angerichtet und letztlich der rechtsextremen „British National Party“ in die Hände gespielt habe. Behördenmitarbeiter, Polizei und Kommunalpolitiker hatten zwischen 1997 und 2013 vertuscht, dass für den systematischen Missbrauch von 1400 Kindern und Jugendlichen britisch-pakistanische Banden verantwortlich waren. Albrecht Meier

USA

„#einearmlaenge“ ist jetzt auch in den Vereinigten Saaten zum Begriff geworden. Nicht nur, dass die „New York Times“ ausführlich über die deutsche Debatte berichtete. „Vielen Dank, Henriette“, sagte Greg Gutfeld, der unter Konservativen populäre Satiriker, in seiner Show bei „Fox News“. „Und wenn Terroristen in Klubs schießen, stellt sicher, dass Ihr schusssichere Westen tragt.“ Das, was man in Deutschland beobachten könne, sei „die europäische Version von Assimilation“, ätzt Gutfeld. Anstatt dass sich die Neuankommenden dankbar zeigten, „müssen sich die Bürger dem Mob beugen“. Barbara Junge

Schweden

In Schweden werden die Ereignisse in Köln und deren Folgen zwar registriert, Aussagen prominenter Politiker gibt es bisher allerdings kaum – nicht einmal von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten, die in Stockholm mit im Reichstag sitzen. Auch die Berichterstattung der großen Zeitungen hält sich in Grenzen. Dies könnte verwundern, da das Land mit seinen knapp zehn Millionen Einwohnerm 2015 rund 160<ET>000 Flüchtlinge aufnahm und damit bislang pro Kopf mit am meisten aller EU-Staaten. Zudem ist der skandinavische Staat traditionell ein Vorrreiter in Sachen Frauenrechte und Gleichberechtigung. Allerdings sind die Medien des Landes in erster Linie immer auf Schweden fokussiert, politische Korrektheit hat zudem allerhöchsten Stellenwert. Genau diesen Punkt griff am Freitag auch ein Leitartikel der größten Tageszeitung des Landes „Dagens Nyheter“ auf. Das liberale Blatt – wie einige andere – wundert sich einerseits darüber, dass in Deutschland „Polizei und traditionelle Medien ungewöhnlich lange warteten, bis sie über die Vorfälle berichteten“. Anderseits wird darauf verwiesen, dass es innerhalb der Medienlandschaft eine Tendenz gebe, besonders vorichtig mit Nachrichten zu sein, die benachteiligte Gruppen treffen könnten. Wenn aber jemand in Köln benachteiligt gewesen sei, dann die Frauen. Die Ereignisse seien ein Zeichen dafür, schlussfolgert das Blatt, dass das, was in der Einwanderungspolitik gerne als „Ordnung und geregelte Zustände“ bezeichnet werde, keine leeren Worte bleiben dürften. „Wenn ein Land keine Kontrolle darüber habe, wer sich innerhalb seiner Grenzen aufhält, steigt das Risiko für Schwarzarbeit, Ausnutzung und Kriminalität.“ Das Boulevarblatt „Expressen“ schreibt, die Vorfälle in Köln erinnerten stark an die sexuellen Übergriffe auf dem Tahir-Platz in Kairo. Die Ereignisse hätten in Deutschland mit Blick auf die  Einwanderung eine intensive Debatte über Werte und das Frauenbild ausgelöst. „Dies sind Fragen, die wir auch in Schweden debattieren sollten.“   Auch in Schweden gebe es eine lange Tradition, ernste Probleme, die mit Werteunterschieden und Einwanderung verknüpft seien, unter den Teppich zu kehren – oft aus dem Motiv heraus, fremdenfeindliche Kräfte nicht zu stärken, aber: „Das Resultat ist verheerend.“

Die große konservative Zeitung "Svenska Dagbladet" zielt in die gleiche Richtung. In ihrem Leitartikel heißt es, die Behörden in Köln hätten bestätigt, dass die aggressiven Gruppen auf dem Bahnhofsvorplatz aus Männern aus Nordafrika und dem Nahen Osten bestanden. "Und hier sollte wir anfangen: Es gibt in vielen dieser Länder ein abwertendes Frauenbild und da sich Menschen von dort nach Europa aufgemacht haben, ist dies auch unsere Angelegenheit geworden." Sven Lemkemeyer

Polen

Polens Vizeregierungschef Piotr Glinski sagte als Reaktion auf Köln, Polen werde Flüchtlinge genau unter die Lupe nehmen. Der Publizist Andrzej Potocki schreibt im führenden rechten Politikportal wpolityce.pl von „besoffenen Horden islamistischer Barbaren“, die die Dommauern entwürdigt hätten, um „ihre physiologischen Bedürfnisse zu befriedigen“. Paul Flückiger

Slowakei

Die Slowakei nahm Köln zum Anlass, zu verkünden, dass das Land keine muslimischen Flüchtlinge aufnehmen werde. Regierungschef Robert Fico sagte, die Slowakei werde verhindern, dass eine geschlossene muslimische Gemeinschaft überhaupt entstehen könne. Andreas Oswald

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