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Politik: „Washington kann nicht mehr zurück“

FDP-Fraktionschef Gerhardt glaubt, dass die US-Entscheidung für einen Krieg gefallen ist – und Berlin nicht unbeteiligt bleiben kann

Wird es einen Krieg gegen den Irak geben?

Ich glaube, dass der Kern der Bush-Administration die Entscheidung getroffen hat, Saddam zu stürzen. US-Vizepräsident Dick Cheney hat mit seiner Rede kaum noch andere Alternativen offengelassen. Daran sollten wir keine falschen Zweifel haben. Auch bezogen auf das eigene Prestige ist Washington zu weit gegangen, als dass man es ohne Ansehensverlust zurücknehmen könnte.

Die Amerikaner hatten doch versprochen, uns vor einer Entscheidung zu konsultieren!

Diese Zusage war wohl immer so zu verstehen, dass man sich erst eine eigene Meinung bildet und dann darüber sprechen würde, wie ein solches Vorgehen mit den Verbündeten in Europa umgesetzt wird. Ich habe die USA nie so verstanden, dass das Konsultieren heißt, mit den Verbündeten zu besprechen, ob man es macht oder nicht.

Schröder hat also recht: Nicht nur das Wie, sondern auch das Ob müsste besprochen werden?

Das ist völlig richtig. Nur hätte er das selbst früher beginnen müssen. Deshalb ist er hier nicht besonders glaubwürdig. Seit fünf Monaten mahnen wir den Kanzler, sich endlich europäisch abzustimmen. Gerhard Schröder hat stets darauf beharrt, es sei viel zu früh, weil Präsident Bush keine Blaupausen für einen Angriff auf dem Tisch habe. Wir haben immer gesagt, dass uns Konsultationen nicht reichen, dass aber der, der vorsorglich einwirken will, dies rechtzeitig tun muss. Wenn jemand ernstlich europäisches Gewicht in die transatlantische Waagschale werfen will, darf er nicht so verspätet daherkommen. Brüsk und unwirsch hat der Kanzler stets reagiert: So, als ob die FDP zur Unzeit etwas politisch Unkluges verlange. Erst jetzt, im Wahlkampf, weil er von den vier Millionen Arbeitslosen nicht herunterkommt, hat er das Thema Irak entdeckt.

Und Stoiber?

Edmund Stoiber mag seit ein paar Tagen vor Alleingängen warnen, wir mahnen seit Monaten, auf Unilateralismus zu verzichten.

Und Sie?

Wenn völkerrechtlich eine klare Situation vorliegt, muss man entscheiden, und zwar europäisch. Nur: Darüber heute zu diskutieren, das schwächt den Druck auf Saddam und vergisst die Rolle des Bundestages.

Reichen die vorhandenen UN-Resolutionen von 1991 denn aus?

Die Beschlüsse im Zusammenhang mit Kuwait geben keine Legitimation eines Umsturzversuches her. Und zwar schon gar nicht, wenn vorher kein Versuch unternommen wird, den Waffeninspektoren wieder Zugang zu verschaffen.

Wenn Amerika Krieg führt, dann auch von Flugplätzen in Deutschland?

Das müssten Sie den jetzigen Inhaber der Regierungsverantwortung in Deutschland fragen. Der müsste erklären, welche logistische Hilfe wohl auf uns zukommt. Richtig ist: Auch ein deutscher Verteidigungsminister kann keine Position einnehmen, als blieben wir am Ende unbefleckt. Irgendeine Logistik-Anfrage wird mit Sicherheit kommen.

Was wäre liberale Irak-Politik?

Ziel freidemokratischer Außenpolitik wäre jedenfalls nicht, unilaterales Vorgehen zum Sturz eines Diktators mit der Bündnisfrage zu verknüpfen.

Ist es denn das Ziel Wolfgang Gerhardts, die deutsche Außenpolitik als Minister zu leiten?

Dazu verbiete ich mir den Mund. Und kämpfe stattdessen im Wahlkampf um jede Stimme für die FDP.

Das Gespräch führten Robert Birnbaum und Robert von Rimscha .

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