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Weißbuch: Koalition will Bundeswehreinsatz im Inneren erleichtern

Nach der Vorlage des jüngsten Weißbuchs zeichnet sich eine rasche Änderung des Grundgesetzes für einen erweiterten Bundeswehreinsatz im Inneren ab.

Berlin - Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sprach sich im Bundestag erneut für eine solche Verfassungsänderung aus. Die SPD zeigte sich offen unter der Bedingung, dass sich die Klarstellung nur auf den Bereich Luft- und Seesicherheit bezieht. Die Opposition lehnte derweil eine Verfassungsänderung ab. Die Klarstellung soll laut SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow im Artikel 35 Grundgesetz erfolgen. Demnach könnten terroristische Anschläge als schwere Unglücksfälle im Sinne dieses Verfassungsartikels gewertet werden und somit einen Einsatz der Bundeswehr ermöglichen. Für den SPD-Verteidigungsexperten Hans-Peter Bartels ist eine solche Grundgesetzänderung ein "denkbarer Weg", denn jenseits dieser klar definierten Ausnahmen blieben die Hürden für einen Bundeswehreinsatz im Inneren hoch.

Die Opposition lehnte sowohl eine Änderung des Artikels 35 als auch des Artikels 87a ab, der den Objektschutz und die Aufstandsbekämpfung durch die Bundeswehr regelt. FDP-Wehrexpertin Birgit Homburger betonte, es sei die Chance verpasst worden, mit dem neuen Weißbuch die Debatten um einen Bundeswehr-Einsatz im Innern zu beenden.

"Ausdruck von Militarismus"

Für die Links-Fraktion betonte deren Außenexperte Wolfgang Gehrcke, statt sich auf einen "Nichteinsatz" der Bundeswehr zu verständigen, wolle die Koalition die Möglichkeiten im In- und Ausland ausweiten. Insofern sei das Weißbuch ein "Ausdruck von Militarismus" und eine verpasste Chance, die Bundeswehr mittelfristig aufzulösen. Grünen-Chefin Renate Künast fügte hinzu, ihrer Fraktion fehle eine kritische Bilanz der letzten 15 Jahre.

Union und SPD wiesen die Vorwürfe zurück. Übereinstimmend wurde von Seiten der Koalition betont, angesichts der wachsenden Bedrohung des deutschen Hoheitsgebietes gewinne der Schutz der Bevölkerung und kritischer Infrastrukturen im Inland an Bedeutung. Union und SPD verfügen im Bundestag über die verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit und wären damit nicht auf die Zustimmung der anderen Fraktionen angewiesen.

"Keine originären Polizeiaufgaben"

Jung versicherte, niemand wolle die originären Polizeiaufgaben übernehmen und damit die im Grundgesetz festgehaltene Aufgabentrennung aufheben. Allerdings müsse man anerkennen, dass es terroristische Bedrohungen gebe, bei denen die Fähigkeiten der Polizei nicht ausreichten. In solchen Fällen müsse es möglich sein, die besonderen Fähigkeiten der Streitkräfte zum Schutz der deutschen Bevölkerung einzusetzen: "Deshalb erachten wir eine verfassungsrechtliche Änderung als notwendig."

Zufrieden zeigte sich Jung mit der Einigung der Koalition auf Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht. "Der Erfolg der Bundeswehr ist geprägt durch die Wehrpflichtarmee", betonte er. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Bernd Siebert (CDU), verlangte eine ausreichende Finanzierung der Bundeswehr: "Nicht jedes Problem ist mit Geld zu lösen, doch mit Moral allein auf Dauer auch nicht." (Von André Spangenberg, ddp)

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