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Politik: Weizsäcker-Kommission will die Anzahl der Wehrpflichtigen auf 240.000 kürzen

Im Streit um die Reform der Bundeswehr treibt die rot-grüne Koalition immer mehr auf einen offenen Konflikt zu. Einen Tag vor der offiziellen Vorstellung der Empfehlungen der Weizsäcker-Kommission legte sich der Grünen-Vorstand auf die Forderung fest, die Bundeswehr auf maximal 200.

Von Robert Birnbaum

Im Streit um die Reform der Bundeswehr treibt die rot-grüne Koalition immer mehr auf einen offenen Konflikt zu. Einen Tag vor der offiziellen Vorstellung der Empfehlungen der Weizsäcker-Kommission legte sich der Grünen-Vorstand auf die Forderung fest, die Bundeswehr auf maximal 200.000 Mann zu verringern und die Wehrpflicht abzuschaffen. Einen gleichlautenden Beschluss hatte zuvor schon die Bundestagsfraktion der Grünen gefaßt. Grünen-Vorstandssprecherin Antje Radcke forderte in Berlin zugleich, die Armeereform in eine Reform der Außen- und Sicherheitspolitik einzubetten.

Das Kabinett wird sich am Mittwoch mit dem Weizsäcker-Bericht befassen. Die Grünen wollen das Thema bei ihrem Kleinen Parteitag am nächsten Wochenende weiter beraten. Mit seinen Forderungen liegt der kleinere Koalitionspartner weit von den Vorstellungen der SPD-Fraktion und Verteidigungsminister Rudolf Scharpings entfernt, die eine Wehrpflicht-Armee mit rund 280.000 Mann anstreben.

Hingegen liegt das Grünen-Modell relativ nahe am Tenor der Reformkommission unter Altbundespräsident Richard von Weizsäcker, die am heutigen Dienstag ihren Bericht vorlegt. Danach soll die Stärke der Bundeswehr von drzeit 340.000 auf 240.000 Mann sinken, zugleich aber der Anteil der mobilen Einsatzkräfte auf 140.000 Mann mehr als verdoppelt werden. Nur noch 30.000 Wehrpflichtige sollen für je zehn Monate einrücken - heute sind es gut 130.000. Die Planstellen für Zivilbeschäftigte sollen auf 80.000 vermindert werden.

Am heftigsten umstritten ist die Empfehlung einer radikal geschrumpften Wehrpflicht-Komponente. Tatsächlich hat ein gutes Drittel der Kommission sogar dafür plädiert, die Bundeswehr zur reinen Freiwilligen- und Berufsarmee zu machen. Doch setzte sich am Ende die Einsicht durch, dass ein solcher, praktisch nicht rückholbarer Schritt noch nicht zu vermitteln wäre. Auch lasse es die ungewisse Entwicklung im Osten geraten erscheinen, im Notfall weiterhin einen größeren Anteil Reservisten mobilisieren zu können.

So kam die Lösung mit den 30.000 Wehrpflichtigen zu Stande - ein Kontingent, das gerade noch groß genug erschien, um nicht den Begriff der Wehrgerechtigkeit ad absurdum zu führen (nur ein Kommissionsmitglied hat das dem Vernehmen nach anders gesehen); eine Wehrpflichtigen-Zahl, die andererseits klein genug wäre, um später einen halbwegs reibungslosen Übergang zur Profi-Armee zu ermöglichen. Wer zu dieser "Auswahlwehrpflicht" - notfalls per Losverfahren - einberufen wird, soll durch vernünftige Bezahlung entschädigt werden.

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