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Weltbevölkerung: Menschheit wächst rasant – weil Verhütungsmittel fehlen

Obwohl die Menschen tendenziell immer weniger Kinder bekommen, wächst die Weltbevölkerung jedes Jahr etwa um die Zahl der Einwohner Deutschlands. Dieser Zuwachs findet jedoch nur in den ärmsten Ländern der Welt statt.

Etwa 76 Millionen Menschen kommen pro Jahr hinzu. Das zeigen die aktuellen Berechnungen der UN-Bevölkerungsabteilung, die die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat. Danach werden im Jahr 2050 etwa 9,1 Milliarden Menschen leben, 2,3 Milliarden mehr als heute.

Genauso hoch wie der jährliche Zuwachs der Weltbevölkerung, nämlich bei etwa 76 Millionen, liege die Zahl der ungewollten Schwangerschaften allein in Entwicklungsländern. Der ausschlaggebende Grund dafür, dass die Weltbevölkerung so schnell wächst, sei schließlich auch der mangelnde Zugang zu Familienplanung: „Wir haben eine Verhütungsmittelkrise“, sagte die DSW-Geschäftsführerin Renate Bähr. Die Herausforderung sei nicht so sehr, Familien zu überzeugen, weniger Kinder zu bekommen, sondern sie zu beraten und Verhütungsmittel zur Verfügung zu stellen. „Wir wissen aus Studien: Wenn die Frauen frei entscheiden könnten, gäbe es weniger Kinder“, sagte Bähr.

Besonders drastisch ist der Bevölkerungszuwachs vor allem in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, in denen drei Viertel der Menschen von weniger als einem Euro am Tag leben. Dort werde sich die Bevölkerung bis 2050 mindestens verdoppeln. „Der Kampf gegen die Armut wird dadurch erheblich erschwert“, sagte der Vize-Direktor der UN-Bevölkerungsabteilung, Thomas Büttner.

Bähr appellierte an die westlichen Staaten, mehr Geld für Familienplanung in Entwicklungsländern bereitzustellen. In den vergangenen Jahren seien die Mittel dafür drastisch zurückgegangen. Doch auch die Regierungen der Entwicklungsländer seien gefragt: „Wenn von oben gesagt wird, eine Zwei-Kind-Familie sei gut, hilft das“, sagte Bähr.

Einige islamisch geprägte Länder seien sehr erfolgreich darin, den Frauen Familienplanung zugänglich zu machen. So sei es dem Iran gelungen, die Kinderzahl pro Frau stark zu reduzieren: von fast sieben Kindern pro Frau in den 70er Jahren bis zu durchschnittlich weniger als zwei Kindern pro Frau heutzutage. „Das ist eben durch die Herrschenden dort unterstützt worden“, sagte Büttner. Die im Christentum traditionell verbreiteten Bedenken gegenüber Verhütungsmitteln als Methode der Familienplanung gebe es in muslimischen Gesellschaften nicht. Trotzdem wachse die Bevölkerung im Iran weiterhin, da es viele junge Familien gebe. Die Bevölkerung in den Industrieländern bleibe nur durch die Aufnahme von Migranten stabil, in Deutschland sind das etwa 100 000 Menschen pro Jahr. „Das wird nicht ganz ausreichen, um den Bevölkerungsrückgang in Zukunft auszugleichen, doch immerhin, um ihn abzuschwächen. “ 

Karin Schädler

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