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Weltflüchtlingstag: Ein Flüchtlingslager schreibt Geschichten

Fast 40 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, davon 11,4 Millionen außerhalb ihres Heimatlandes. Das Lager Dadaab an der kenianisch-somalischen Grenze, das zu den größten und am dichtesten belegten der Welt zählt, ist auch eines der ältesten.

„Sollen wir denn immer Flüchtlinge sein, immer Bettler?“ Abdi Ahmed Mohamed will sich mit diesem Schicksal nicht abfinden. Das Leben im Flüchtlingslager Dadaab soll für ihn keine Sackgasse sein, aus der es keinen Ausweg gibt.

Fast 40 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, davon 11,4 Millionen außerhalb ihres Heimatlandes. Das Lager an der kenianisch-somalischen Grenze, das zu den größten und am dichtesten belegten der Welt zählt, ist auch eines der ältesten: Seit Beginn des somalischen Bürgerkriegs 1991 existiert es und beherbergt zur Zeit mit 190 000 Flüchtlingen mehr als doppelt so viele wie bei der Gründung. Allein 2007 kamen 20 000 Somalis, trotz Schließung der kenianisch-somalischen Grenze vor anderthalb Jahren. Exemplarisch zeigen sich an Dadaab und seinen Bewohnern die Probleme, mit denen die meisten Flüchtlinge zu kämpfen haben: Unterernährung, Krankheiten, eine schlechte Versorgungssituation, Traumata durch Gewalterfahrungen, fehlende Zukunftsperspektiven.

Im Vorfeld des heutigen Weltflüchtlingstages besuchte auch Flüchtlingshochkommissar Antonio Guterres Dadaab. Er bewertete die dortige Lage mit einem Urteil, dass auch auf zahllose andere Camps in der ganzen Welt zutrifft: Die Not der Flüchtlinge könne nicht ohne eine politische Lösung behoben werden, sagte Guterres, der auch in Dadaab übernachtete.

Doch junge Menschen wie Abdi Ahmed Mohamed suchen nach Möglichkeiten, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Ein Beispiel ist die gemeinsame Arbeit von Jugendlichen aus dem Lager an einer eigenen Zeitung mit dem Titel: „The Dawn“, zu Deutsch „Die Morgendämmerung“. Hier verschafft sich die „Flüchtlingsjugend in Dadaab“ Gehör und schreibt über diejenigen unter ihnen, die sich gegen die Perspektivlosigkeit des Lageralltags wehren. So findet man in Ausgabe Nummer vier einen Bericht über Mohamed Ma’alim Aden, einen 21-Jährigen aus Dadaab, der in einem keniaweiten Schülertest als erster Flüchtling Bestnoten erreichte.

Farhiyo Farah Ibrahim, eine 25-Jährige, hat mit ihrem Kampf für Frauenrechte sogar die Menschen am anderen Ende der Welt begeistert und erhielt in den USA im März den International Women of Courage Award. Trotz der schwierigen Situation im Lager setzt sie sich mutig gegen Zwangsehen und die Beschneidung von Mädchen ein. Auch die Kinder im Lager finden in ihrem von Hunger und Armut geprägten Leben noch Dinge, an denen sie Spaß haben: Fußball sorgt eben überall für Begeisterung, und wenn sie schon dem Ball hinterherjagen, dann richtig. So nannte sich eine Gruppe „Barca“ nach dem großen Vorbild FC Barcelona, und natürlich sind ihre Pässe so schön wie die der Spanier, mit Anleihen bei den Spielern von Manchester United, und ein bisschen Arsenal London soll auch dabei sein.

Wenn sie spielen, dann sind sie keine Flüchtlinge mehr, dann sind sie einfach nur Kinder, die von der Zukunft träumen. Ihr Kapitän kündigt schon mal an: „Wir haben große Ziele.“

Martina Scheffler

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