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Bleiberecht, Krippenfinanzierung: Wenig Hoffnung auf Einigung

Bei den Streitthemen Bleiberecht für langjährig geduldete Ausländer und der Finanzierung zusätzlicher Kinderbetreuungsangebote ist bei einem Treffen der Koalitionsspitzen im Kanzleramt keine Einigung in Sicht.

Berlin - Im Zeichen tiefgreifender Differenzen haben am Montagabend im Kanzleramt die Koalitionsspitzen über das Bleiberecht für langjährig geduldete Ausländer und die Familienpolitik verhandelt. Allein die Debatte über das Bleiberecht dauerte zwei Stunden. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) verließ gegen 21:20 Uhr das Kanzleramt, ohne einen Kommentar über den Stand der Diskussion zu geben, in der die CSU einer bereits gefundenen Einigung der Fraktionen in Berlin widersprochen hat. Weiterer Diskussionspunkt sollte auch die von der SPD geforderte Einführung von Mindestlöhnen sein, die die Union ablehnt. In allen drei Punkten liegen die Positionen der Koalitionspartner so weit auseinander, das von dem Treffen keine Einigung erwartet wurde.

Vor der Sitzung warnte die SPD die Union scharf vor einem Scheitern und warf wieder einmal die Frage nach der Führungskraft von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf. "Die Union muss sich entscheiden, ob sie regieren oder blockieren will", sagte Generalsekretär Hubertus Heil nach einer SPD-Präsidiumssitzung. Bei der Familienförderung und beim Bleiberecht müsse nach der Sitzung des Koalitionsausschusses "die Richtung" klar sein: "Wir wollen wissen, woran wir sind". Merkel als CDU-Vorsitzende und Kanzlerin müsse zeigen, welche Führungskraft sie habe.

SPD will Finanzierungspläne von der Union

Konkret hatte die SPD-Führung die Union aufgefordert, bei der Sitzung ein konkretes Finanzierungskonzept für den Ausbau von Betreuungsplätzen vorzulegen. CDU und CSU sind gegen den SPD-Vorschlag, zur Finanzierung der Krippenplätze auf eine Erhöhung des Kindergelds zu verzichten und Steuervorteile für Ehepaare zu kappen. Erwartet wird, dass sich beide Seiten aber auf das weitere Vorgehen verständigen.

Merkel selbst wollte indessen bei dem Treffen nicht über den Finanzierungsvorschlag der SPD im einzelnen reden. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg erklärte, stattdessen wolle die Regierung nun schneller über den drei bis vier Milliarden Euro teuren Ausbau der Kinderkrippen entscheiden. Im Koalitionsvertrag von 2005 hatten CDU/CSU und SPD vereinbart, den laufenden Ausbau der Betreuung für unter Dreijährige 2008 zu überprüfen. Laut Steg soll dieser Termin vorgezogen werden. Dazu soll sich Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) möglichst bald mit ihren Länderkollegen treffen. Das Familienministerium arbeitet nach eigenen Angaben "mit Hochdruck" an Finanzierungsvorschlägen. Man wolle "keinen Schnellschuss", sondern eine "ausgewogene Lösung".

Bayern und Niedersachsen gegen Bleiberechtskompromiss

Keine einvernehmliche Lösung zeichnete sich vor Beginn des Treffens bei der zwischen Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) und CDU-Innenminister Schäuble im vergangenen Jahr ausgehandelten Einigung zum Bleiberecht ab. Unionsländer wie Bayern und Niedersachsen fordern, dass auch langjährig geduldete Ausländer vor der Erteilung eines Aufenthaltsrechts eine Arbeit nachweisen müssen. Die SPD-Seite ging mit dem festen Willen in die Gespräche, keinen nachträglichen Verschärfungen zuzustimmen. Nach Ansicht der Sozialdemokraten soll das Bundeskabinett schon in Kürze das vereinbarte Konzept beschließen.

Beim Bleiberecht strittig ist vor allem, unter welchen Voraussetzungen die etwa 170.000 langjährig geduldeten Ausländer ein gefestigtes Aufenthaltsrecht erhalten sollen. Der zwischen Union und SPD vereinbarte Kompromiss sieht dafür eine Frist bis Ende 2009 vor. Demnach müssen die betroffenen Ausländer in den 30 Monaten von Juli 2007 bis Ende 2009 eine mindestens 15-monatige Beschäftigung nachweisen. Alternativ soll ausreichen, dass sie in den neun Monaten vor Ende 2009 an eine feste Arbeit haben. Theoretisch wäre die Bundesregierung hierbei nicht auf die Zustimmung der Länder angewiesen.

Müntefering wollte vor der Runde der Partei- und Fraktionschefs zudem seine Pläne für Mindestlöhne in Berufsgruppen mit besonders niedrigen Löhnen konkretisieren. Nach den Vorstellungen des Arbeitsministers soll das Entsendegesetz auf Branchen wie Friseure, den Einzelhandel, private Postdienste oder das Bewachungsgewerbe ausgedehnt werden. Dagegen gibt es in der Union Widerstand. Weitere Themen im Koalitionsausschuss sind die geplante Reform der Unternehmenssteuern und der Erbschaftssteuer. (tso/dpa)

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