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Politik: Wenn Krankenhäuser nicht mitmachen

In Österreich werden doppelt so viele Organe gespendet wie in Deutschland – Experten wollen Reform

Das Transplantationsgesetz muss reformiert werden – das war das Fazit einer Podiumsdiskussion, die am Wochenende in Mainz auf der Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft stattfand. Der Mannheimer Jurist Jochen Taupitz bekräftigte dort noch einmal die Forderung des Nationalen Ethikrates, eine Widerspruchsregelung in Deutschland einzuführen. Der Ethikrat schlägt vor, jeden Bürger zu einer Entscheidung aufzufordern. Dies könnte beim Führerschein oder auch bei der Konfirmation geschehen. Wer keine Erklärung abgibt, dem sollen Organe entnommen werden dürfen, sofern die Angehörigen nicht widersprechen. Unterstützt wurde Taupitz von dem Innsbrucker Transplantationsmediziner Raimund Margreiter. Der verwies auf die Spenderzahlen in Österreich, die doppelt so hoch sind wie in Deutschland. Denn im Nachbarland gilt anderes Recht: „Wenn wir keinen Hinweis haben, dass der Patient dagegen ist, gehen wir davon aus, dass er dafür ist", erklärte Margreiter die Voraussetzungen für die Organentnahme. In Deutschland dagegen müssen die Betroffenen selbst zustimmen. Ist ihr Wille nicht im Organspendeausweis dokumentiert, werden Angehörige befragt.

Wie problematisch das ist, wurde in der Diskussion immer wieder betont: Etwa die Hälfte der Angehörigen lehne die Organspende ab. Das sei eine nicht zu vernachlässigende Größe, denn immerhin 80 Prozent der Organspenden sind letztendlich nur durch die Entscheidung von Angehörigen zustande gekommen. Thomas Beck von der Deutschen Stiftung Organspende warnte dennoch vor Schwarzmalerei. Zwar begrüße er den Vorstoß des Ethikrates, aber es gehe darum, das bestehende System richtig auszunutzen. Er verwies darauf, dass in diesem Jahr das beste Ergebnis zu verzeichnen ist, dass es in puncto Organspende je gab. Hatten im letzten Jahr noch 15,3 Menschen pro Million Einwohner ihre Organe gespendet, seien es in diesem Jahr schon sechzehn.

Als weiteres Problem sah die Expertenrunde den Umstand an, dass etwa die Hälfte aller Krankenhäuser sich nicht an der Organspende beteilige. Die Kliniken meldeten Hirntote nicht weiter. Dazu, so führte Taupitz aus, wären sie aber rechtlich verpflichtet. Laut einer Vertreterin der Deutschen Krankenhausgesellschaft scheuen aber einige Kliniken die Organentnahme: Intensivbetten würden belegt, es bedeute Aufwand, die Körperfunktionen der Patienten aufrechtzuerhalten. Auch schreckte das Klinikpersonal vor den Angehörigengesprächen zurück. Das wendeten verschiedene Ärzte ein. Es sei belastend, Angehörige davon überzeugen zu müssen, dass die Patienten tot seien: „Es ist schwierig, da die Angehörigen die Patienten als lebend wahrnehmen." 12000 Menschen warten in Deutschland derzeit auf ein Spenderorgan, jeder Dritte stirbt während der Wartezeit. Nach Schätzungen kommen jährlich rund 4000 Menschen für eine postmortale Organspende in Betracht.

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