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Politik: Wer gewinnt, hat nichts zu geben

In Ungarn dominierten im Wahlkampf die Versprechungen – aber die neue Regierung wird vor allem sparen müssen

Wahlkampf in Ungarn: Höhere Pensionen und niedrigere Sozialabgaben versprachen die einen, die anderen kündigten an, das Land mit Autobahnen regelrecht zuzupflastern, mehr und bessere Schulen wurden versprochen, ein höheres Kindergeld natürlich auch, und eine Partei erklärte sogar, dass sie zukünftig das Mittagessen in den Schulen und Kindergärten gratis abgeben werde. Weil in Ungarn, wo am Sonntag ein neues Parlament gewählt wird, seit der Wende bei jeder Wahl die Regierungsmehrheit wechselte, war der Wahlkampf 2006 beinahe ein Karneval populärer Versprechungen – sowohl von den regierenden Sozialisten von Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány als auch von der rechtskonservativen Fides des Herausforderers Viktor Orban.

Einen entscheidenden Vorteil konnten beide großen Kräfte aber nicht herausarbeiten. In den letzten Umfragen lagen Sozialisten und Fides jeweils bei 44 Prozent. Auch das TV-Duell brachte keine Entscheidung: Orban griff Gyurcsány wegen des grassierenden Budgetdefizits an, dieser warf Orban Versäumnisse aus den Jahren 1998 bis 2002 vor – damals war Orban ungarischer Ministerpräsident. Gyurcsány war vor der Wende in der kommunistischen Jugend aktiv, danach hat er sich zu einem Wirtschaftsführer gewandelt und mit Geschäften im staatsnahen Bereich ein Vermögen verdient. 2002 wurde er Finanzminister und löste im vorigen Jahr Peter Megyessy an der Regierungsspitze ab.

Wer auch gewinnt, er wird den Ungarn klar machen müssen, dass die Gürtel enger zu schnallen sind: Zwar gehört Ungarn zu den Profiteuren der EU-Erweiterung, mit einem Wirtschaftswachstum von rund vier Prozent brummt die Wirtschaft, die Arbeitslosigkeit liegt unter der in Polen, der Slowakei oder Tschechiens. Die Staatskassen sind aber leer, da die Sozialisten 2003 die Pensionen für Beamte massiv angehoben haben. Zuletzt kämpfte Ungarn auch mit einer horrenden Inflation, der Beitritt zur Euro-Zone musste deswegen erst kürzlich auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Experten rechnen angesichts der Schuldenquote von 6,1 Prozent zurzeit mit einem Euro-Beitritt nicht vor 2011. Die neue Regierung wird also zuerst einmal ein Sparpaket absegnen müssen.

Markus Huber[Wien]

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