zum Hauptinhalt

Politik: Wer ist Sam?

Ein Deutscher soll den von der CIA entführten al Masri in Afghanistan befragt haben. Sicherheitsbehörden sagen: Wir waren es nicht

Von Frank Jansen

Berlin - Die Affäre wuchert. Doch mehr Klarheit gibt es nicht. Wer ist der ominöse „Sam“, den der Deutsch-Libanese Khaled al Masri als eine der Personen nennt, die ihn in einem US-Geheimgefängnis in Afghanistan verhört haben sollen? Der mutmaßlich vor knapp zwei Jahren von der CIA entführte al Masri sagt, Sam sei Deutscher – der ihm sogar angeboten habe, von seiner nächsten Reise in die Bundesrepublik etwas ins Gefängnis mitzubringen. Ob es sich um einen Beamten einer Bundesbehörde handelt, weiß al Masri indes nicht. Ein hochrangiger deutscher Sicherheitsexperte schließt gegenüber dem Tagesspiegel aus, dass ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes, des Bundeskriminalamts oder des Bundesamtes für Verfassungsschutz jener Sam gewesen sein könnte. Entsprechende Fragen aus dem Bundeskanzleramt – zuständig für den BND – und dem Bundesinnenministerium, das BKA und BfV führt, hätten die drei Behörden klar mit Nein beantwortet.

Der Sicherheitsexperte hält es für denkbar, dass es sich bei Sam um einen Deutsch-Amerikaner im Dienst der CIA gehandelt haben könnte. Das wäre nicht ungewöhnlich. Der Tagesspiegel hat im Februar 2003 über den aus Berlin stammenden CIA-Mann Helge Boes berichtet, der kurz zuvor in Afghanistan bei einem mutmaßlichen Einsatz gegen al Qaida ums Leben kam. Im Fall al Masri sei es aber auch möglich, dass eine international tätige Sicherheitsfirma, die mit der CIA kooperiert, einen deutschen Fachmann zur Verfügung stellte, sagt der vom Tagesspiegel befragte Experte. Auf die Frage, ob ein in Afghanistan eingesetzter Soldat der Bundeswehr-Elitetruppe KSK (Kommando Spezialkräfte) als Sam aufgetreten sein könnte, sagte der Sicherheitsbeamte: Was das KSK mache, wisse nur das Bundesverteidigungsministerium.

Einer, der erheblich mehr wissen müsste, hat möglicherweise zumindest die Sicherheitsbehörden im Unklaren gelassen. Der damalige Bundesinnenminister Otto Schily habe nach seinem Gespräch mit US-Botschafter Daniel Coats am 31. Mai 2004 über den Fall al Masri nichts „nach unten“ weitergeleitet, heißt es in Sicherheitskreisen. Man wisse bis heute nicht, ob Schily womöglich schon lange bekannt sei, wer sich hinter dem Namen Sam verbirgt und was sonst noch passiert ist. Die Amerikaner jedenfalls, so ein Experte, hätten Anfragen der deutschen Behörden nicht beantwortet.

Es gibt weitere Varianten, die in Sicherheitskreisen diskutiert werden. Es sei nicht auszuschließen, dass al Masri Details aufbauscht oder erfindet. Eine weitere Annahme, vor allem im Hinblick auf den mysteriösen Sam, bezeichnen Sicherheitsexperten als hoch spekulativ – und fürchten sich doch davor. Sollte Sam ein Beamter des Bundesnachrichtendienstes, des Bundeskriminalamts oder des Bundesamtes für Verfassungsschutz gewesen sein, hätte eine Behörde bei der Abfrage durch Kanzleramt und Innenministerium gelogen. Die Folgen wären äußerst unangenehm, nicht nur wegen der Täuschung der Bundesregierung. Eine Lüge würde auch bedeuten, dass deutsche Beamte an dubiosen Praktiken der Amerikaner im Anti-Terror-Kampf mitwirken. Sogar in Geheimgefängnissen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false