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Politik: Wer könnte Paul Spiegel nachfolgen?

Seine zwei Stellvertreter haben große Chancen

Berlin - Salomon Korn hat schon einmal Nein gesagt. Das war 1999, als es um die Nachfolge des verstorbenen Ignatz Bubis als Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland ging. Damals wurde Paul Spiegel gewählt. Charlotte Knobloch hatte damals gegen Spiegel kandidiert – und verloren. Korn und Knobloch sind nach dem Tod von Paul Spiegel wieder die ersten Namen, die sich für seine Nachfolge aufdrängen. Insider geben auch dem jungen Generalsekretär des Zentralrats, Stefan J. Kramer, noch eine Außenseiterchance. Wer sind die möglichen Kandidaten für Spiegels Nachfolge?

Salomon Korn ist seit 2003 Vizepräsident des Zentralrats. Dem Ruf habe er sich nicht entziehen können, sagte er, als er die Nachfolge des wegen seiner Kokain-Affäre zurückgetretenen Michel Friedman antrat. Der 62-jährige Architekt arbeitet als Immobilienverwalter in Frankfurt am Main, wo er auch der jüdischen Gemeinde vorsteht. Er ist seit mehr als 40 Jahren verheiratet. Er hat das hoch gelobte jüdische Gemeindezentrum in Frankfurt entworfen, stieg danach aber aus seinem Beruf als Architekt aus. Korn ist ein Intellektueller, der sich oft mit klugen Texten zu Wort meldet. Über das Verhältnis von Deutschen und Juden schrieb er vor zwei Jahren ein ganzes Buch. In einem Interview mit dem Tagesspiegel im Jahr 2000 hatte er dazu gesagt: „Nach dem, was geschehen ist, ist es durchaus normal, dass wir heute noch nicht normal miteinander umgehen. Das ist die Normalität. Es wäre anormal, wenn es anders wäre.“ Zu seinem Amtsantritt vor zwei Jahren sagte Korn, er wolle kein „Funktionsjude“ werden, der „für die deutsche Mehrheitsgesellschaft die heißen Kartoffeln aus dem Feuer holt“. Es nerve ihn, dass Juden immer nur zu bestimmten moralischen Fragen befragt würden. Er kündigte zudem an, er wolle nicht Präsident des Zentralrats werden. „Ich habe einmal Nein gesagt, und dabei bleibt es.“ Trotzdem wird er von Insidern als der aussichtsreichste Kandidat für die Nachfolge Spiegels gehandelt.

Charlotte Knobloch ist bis heute die einzige Frau in den jüdischen Führungsgremien. Die 73-jährige Vizepräsidentin des Zentralrats ist im vergangenen Jahr Ehrenbürgerin von München geworden. Der dortigen Israelitischen Kultusgemeinde steht sie seit 1985 vor. Die dreifache Mutter ist Gründerin der Zionistischen Frauenorganisation und der Altenbetreuung Münchener Juden. Besonders wichtig ist Knobloch die Integration der russisch-jüdischen Einwanderer in die Gemeinden. Das lag auch Paul Spiegel besonders am Herzen.

Stefan J. Kramer ist seit Juni 2004 Generalsekretär des Zentralrats. Davor war er Geschäftsführer des Gremiums. Von 2001 bis 2003 war er Sanierungsbeauftragter für die jüdischen Gemeinden, die mit der Integration der osteuropäischen Einwanderer oft auch finanziell überfordert sind. Kramer ist vor allem, seit Paul Spiegel krank geworden ist, die vernehmbarste Stimme des Zentralrats. Erst vergangene Woche setzte er sich dafür ein, dass auch der Zentralrat in das von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) initiierte „Bündnis für Erziehung“ integriert wird. deh

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