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FDP: Westerwelle auf striktem Oppositionskurs

"Nicht nur David gegen Goliath - es geht um Einer gegen Alle..." Kraftstrotzend wie selten präsentierte sich FDP-Chef Guido Westerwelle zum Jahresauftakt.

Stuttgart - Wenige Wochen nach Bildung der großen Koalition in Berlin gab es beim traditionellen Dreikönigstreffen der Liberalen im Stuttgarter Staatstheater kein Wehklagen über verlorene Regierungschancen, keine neuen Koalitionsdebatten und auch keinen programmatischen Kurswechsel.

Die FDP empfiehlt sich vielmehr als «einzige bürgerliche Alternative» zu allen anderen Parteien im Bundestag. Sie sieht im Bündnis der großen Parteien die Chance, dauerhaft zweistellige Wahlergebnissen einzufahren. Danach - so die Botschaft von Stuttgart - wollen die Freien Demokraten dann im Bund im Fall der Fälle entscheiden, ob sie mit ihrem Programm besser mit der Union oder mit der SPD koalieren können. «Ampel»- oder «Jamaika»-Bündnisse mit den Grünen kommen im FDP-Sprachgebrauch nicht mehr vor.

Testfall für die neue Stärke der FDP, die bei der Bundestagswahl auch zur eigenen Überraschung fast 10 Prozent der Stimmen holte und seitdem stärkste Oppositionskraft im Bundestag ist, sollen zunächst die Landtagswahlen am 26. März werden. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz stehen laut Umfragen die Chancen gut, dass die Freidemokraten ihr Bündnis in Stuttgart mit der CDU und in Mainz mit der SPD fortsetzen können. In Sachsen-Anhalt könnte es wegen der Schwäche von CDU und FDP, die dort 2002 noch sensationelle 13,3 Prozent geholt hatte, schief gehen.

Da kann ein neues FDP-Profil in Abgrenzung zu den Volksparteien nur nützen: In Stuttgart wurde gewettert gegen die «Notgemeinschaft der Wahlverlierer», den «Kriechgang» der Bundesregierung und gegen «kalte Verstaatlichungen». Die Landtagswahlen müssten zur «Volksabstimmung gegen die Mehrwertsteuererhöhung» werden.

Und Westerwelle schonte diesmal auch CDU-Kanzlerin Angela Merkel nicht mehr, zu der er nach wie vor freundschaftlichen Kontakt pflegt: «Es geht nicht darum, ob Frau Merkel eine gute Figur macht, es geht darum, dass ihre Regierung eine schlechte Politik plant.» Merkel als «Kanzlerin einer sozialdemokratischen Regierung» - die Formulierung gehört inzwischen zum Standardrepertoire von FDP-Wahlkämpfern. Vor wenigen Monaten, bis zur Bundestagswahl, waren Union und FDP noch versprochene Brautleute gewesen.

Angesichts dieser verpassten Regierungschancen klang streckenweise nachdenklich, was der scheidende FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt gewissermaßen als politische Hinterlassenschaft seiner Partei auf den Weg gab. Er warnte vor «Betreuern und Bevormundern» in der Gesellschaft und appellierte an die Eigenverantwortung des Einzelnen. Er wurde dafür mit besonders starkem Applaus bedacht.

Westerwelle wird am 1. Mai Gerhardt an der Spitze der Bundestagsfraktion ablösen. Er wird dann im Zenit seiner Macht stehen. Seit langem gab es keinen so starken Vorsitzenden in der FDP. Früher herrschte in der Führung noch Gerangel um «Doppelspitzen» oder «Tandem-Lösungen». Heute ist das kein Thema mehr. Die Kundgebungsteilnehmer in Stuttgart begrüßte ein überdimensionales Westerwelle-Konterfei: «Für alle, die mehr wollen.» Das Großplakat wird von der FDP in diesen Wochen zur Mitgliederwerbung deutschlandweit aufgestellt. (Von Frank Rafalski, dpa)

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