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Politik: Westerwelle stellt die Machtfrage

Von Robert Birnbaum Karsli hatte erklärt, er sei „kein Abgeordneter auf Bewährung“ und deutlich gemacht, dass er später noch einmal einen Aufnahmeantrag in die FDP stellen will. Mit beidem widersprach er direkt dem Parteichef, der die Aufnahme Karslis in die Partei verhindert und seinen Ausschluss aus der Fraktion – allerdings vergeblich – verlangt hatte.

Von Robert Birnbaum

Karsli hatte erklärt, er sei „kein Abgeordneter auf Bewährung“ und deutlich gemacht, dass er später noch einmal einen Aufnahmeantrag in die FDP stellen will. Mit beidem widersprach er direkt dem Parteichef, der die Aufnahme Karslis in die Partei verhindert und seinen Ausschluss aus der Fraktion – allerdings vergeblich – verlangt hatte.

Westerwelle sagte, nach diesen neuerlichen Äußerungen Karslis sei seine Geduld am Ende. Nach Informationen von ddp hatte Karsli per E-Mail den Brief eines israelischen Friedensaktivisten verschickt und als sehr lesenswert bezeichnet. In dem Brief wird Karsli dafür gelobt, dass er die „israelischen Nazi-Methoden angegriffen“ habe. Westerwelle sagte, um die Geschlossenheit der FDP zu wahren, sei er zu schwierigen Kompromissen bereit gewesen. Wenn Karsli aber am Montag, wenn der FDP-Bundesvorstand tagt, immer noch Fraktionsmitglied sei, sei die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit seinem Stellvertreter Möllemann zu Ende. Der FDP-Vorsitzende gab in seiner Erklärung Möllemann zugleich Rückendeckung in dessen Streit mit dem Zentralrat der Juden und dessen stellvertretendem Präsidenten Michel Friedman. Der „eigentliche Tabubruch“ bestehe darin, dass einem Demokraten wie Möllemann Antisemitismus vorgeworfen und ihm unterstellt werde, er wolle mit antisemitischen Ressentiments Wahlkampf betreiben. „Sie wissen, dass das nicht stimmt“, sagte Westerwelle im Bundestag.

Andere FDP-Spitzenpolitiker unterstützten Westerwelles Entscheidung. Der frühere Außenminister Klaus Kinkel sagte, falls Möllemann nicht zurücktrete, werde der Bundesvorstand ihn zu Rücktritt auffordern. Möllemann gab sich „verwundert und irritiert". Er machte in einer ersten Reaktion keine Aussage darüber, ob er das Ultimatum einhalten will.

Der Zentralratspräsident Paul Spiegel und sein Vize Michael Friedman sprachen von einem wichtigen und richtigen Schritt Westerwelles. Auch der frühere CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble sagte in der Aktuellen Stunde, er finde dieses Vorgehen richtig. Der Grünen-Politiker Volker Beck sagte hingegen, das Problem sei nicht Karsli, das Problem liege bei den anhaltenden Zweideutigkeiten von Möllemann, Westerwelle und der FDP. Verteidigungsminister Scharping (SPD) sagte, Möllemanns Verhalten löse im Ausland schon Irritation aus.

Vor der Berliner FDP-Bundeszentrale protestierten am frühen Abend etwa 350 Menschen „gegen den Versuch von Teilen der FDP, mit antisemitischen Parolen Wahlkampf zu machen“.

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