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Politik: Wie Brandenburgs Justizminister die Zustände in Gefängnissen und an den Gerichten verbessern will

Der brandenburgische Justiz- und Europaminister Kurt Schelter (53) ist zwar erst seit zwei Wochen im Amt, doch wird dem CSU-Mitglied von seinen SPD-Kollegen im Kabinett schon "große Professionalität" bescheinigt. Der Jurist, der als "Entdeckung" von Franz-Josef Strauß gilt, war fast 20 Jahre im bayerischen Staatsdienst und von 1993 bis 1998 als Staatssekretär im Bundesinnenministerium tätig.

Der brandenburgische Justiz- und Europaminister Kurt Schelter (53) ist zwar erst seit zwei Wochen im Amt, doch wird dem CSU-Mitglied von seinen SPD-Kollegen im Kabinett schon "große Professionalität" bescheinigt. Der Jurist, der als "Entdeckung" von Franz-Josef Strauß gilt, war fast 20 Jahre im bayerischen Staatsdienst und von 1993 bis 1998 als Staatssekretär im Bundesinnenministerium tätig. Seit 1994 ist er als Honorarprofessor in München tätig. Mit Kurt Schelter sprachen Michael Mara und Thorsten Metzner.

Sie kommen aus Bayern, wie sind Sie in Preußen aufgenommen worden?

Gut! Ich fühle mich angenommen, nicht nur in meinem Haus, auch im Kabinett, durch beide Koalitionsfraktionen und besonders auch durch den Ministerpräsidenten. Wir haben über die gemeinsame fränkisch-brandenburgische Geschichte gesprochen. Es gibt noch andere Gemeinsamkeiten: Ich komme wie Stolpe aus dem Kirchenrecht, war an einem entsprechenden Lehrstuhl in Erlangen tätig.

Wie ist die Reaktion in der Justiz und auch sonst im Land?

Es besteht offensichtlich Gesprächsbedarf. Mich erreichen sehr viele Anfragen, bisher bestimmt hundert. Das wird dazu führen, dass ich viel im Land unterwegs sein werde.

War der Schreck in der durch die Serow-Flucht ins Gerede gekommenen Potsdamer Haftanstalt groß, als Sie dort unangemeldet aufkreuzten ?

Nein, die Reaktion war gelassen. Ich war angetan von der Offenheit, mit der man mir begegnet ist. Ich weiß, wie es ist, wenn Besuche von Ministern vorbereitet werden. Das lähmt tagelang die Arbeit. Das nützt mir nichts. Ich möchte ein ungeschminktes Bild, deshalb werde ich auch Spontanbesuche machen.

Sie sind CSU-Mitglied und wollen jetzt der Brandenburger CDU beitreten. Warum?

Ich halte es für einen völlig normalen Vorgang, dass man der Partei angehört, für die man arbeitet. Ich arbeite für die brandenburgische CDU, weil es die CSU hier nicht gibt. Hier ist mein Arbeitsplatz und damit auch meine politische Heimat. Der CDU-Generalsekretär wird mit dem CSU-Kollegen prüfen, ob meine CSU-Mitgliedschaft ruhen kann.

Ist das auch ein Akt der Rücksichtnahme auf die Brandenburger und ihre Mentalität?

Nein, überhaupt nicht. Ich fühle mich in keiner Weise genötigt, das zu tun. Ich war von vornherein der Meinung, dass ich es nicht anders machen kann. Wie sollte ich mich mit der brandenburgischen CDU identifizieren, wenn ich ihr nicht angehöre? Wir sind Schwesterparteien und in wichtigen Bereichen wie Justizpolitik und Kriminalitätsbekämpfung einer Meinung. Es ist also ein formaler Akt.

Werden Sie Ihren Hauptwohnsitz in Bayern behalten?

Ich erwäge, ganz nach Brandenburg zu ziehen. Aber ich weiss es noch nicht genau. Alles zu seiner Zeit. Wichtig für mich ist, dass ich in meiner Arbeit schnell Boden unter die Füße bekomme. Alles andere ist sekundär. Ob ich vollständig umziehe, wird auch davon abhängen, was die brandenburgische CDU von mir erwartet - über die Ausübung des Ministeramtes hinaus.

Die CDU muss sich nach den Querelen in der Vergangenheit stabilisieren, modernisieren. Sie wären bereit, sich zu engagieren?

Ja, ich bitte aber zu berücksichtigen: Zu den Youngsters gehöre ich mit 53 Jahren auch nicht mehr. Die Modernisierung der Partei muss sicher mit einer Verjüngung einhergehen. Aber da sind wir auf einem guten Weg.

Es gibt Befürchtungen, dass es durch Schelter und Schönbohm einen Rechtsruck in der Union, aber auch in der Regierung geben könnte.

Ich kann mit diesen Klischees nichts anfangen. Es geht um richtige Politik für dieses Land. Und die hat viel mit den Fragen zu tun: Wie ist die Lage? Wie lösen wir die Probleme? Welche Optionen gibt es? Und schließlich müssen als richtig erkannte Lösungen auch konsequent umgesetzt werden. Es mag sein, dass in der Justizpolitik manches - anders als früher - klarer ausgesprochen wird.

Zum Beispiel?

Für mich ist ein Grundsatz, dass die Strafe der Tat auf dem Fuß folgen muss. Anders formuliert: Die Verfahrenszeiten an den Gerichten müssen kürzer werden. Auch muß die Sicherheit des Bürgers vor verurteilten Gewalttätern Vorrang vor der Resozialisierung haben. Ich sehe mich zum Beispiel in der Verpflichtung, Kinder und Jugendliche vor Sexualtätern zu schützen.

Was wollen Sie tun, um die Sicherheit im Strafvollzug schnell zu verbessern?

Ich kann keine absolute Sicherheit versprechen. Menschen machen Fehler. Und im Strafvollzug darf die Menschenwürde nicht unter die Räder kommen. Aber wir müssen uns nicht nur um den baulichen Zustand der Gefängnisse kümmern, sondern auch die Aus-und Fortbildung der Vollzugsbeamten verbessern. Wir werden da weiter auf die Hilfe Nordrhein-Westfalens zählen können. Ich möchte aber auch mit meinem bayerischen Kollegen sprechen, ob uns die dortige Ausbildungsstätte unter die Arme greifen kann. Wir müssen über vieles nachdenken, und das braucht ein Mindestmaß an Zeit.

Was ist kurzfristig machbar?Zum Beispiel die verstärkte Verlagerung des Strafvollzugs ausländischer Straftäter in deren Heimatländer: Das deutsche Recht, aber auch die internationalen Abkommen geben uns hier Möglichkeiten, die bislang nicht so genutzt werden, wie es wünschenswert wäre. Hier ist auch der Bund gefragt.

Ist damit nicht ein Risiko verbunden, wenn man an die Situation in osteuropäischen Ländern denkt?

Man muss sich die Delikte genau anschauen und natürlich auch sicher sein, dass der Strafvollzug in den Heimatländern auch durchgeführt wird. Ein Drehtür-Effekt muß vermieden werden, nämlich, dass diese Leute heute rausgelassen werden und morgen wieder illegal über unsere Grenzen kommen. Ich kann mir zurzeit nicht vorstellen, dass man zum Beispiel Mitglieder von rumänischen Banden in ihr Heimatland überführt.

Was ist außerdem kurzfristig machbar?

Die Beseitigung von technischen und organisatorischen Sicherheitsmängeln. Über Details zu sprechen, verbietet die Klugheit. Wir prüfen, welche Möglichkeiten, auch elektronischer Art, es gibt und was kurzfristig finanzierbar ist.

Der Präsident des Verfassungsgerichtes, Peter Macke, hat mehrfach den Richtermangel beklagt, der zu unvertretbar langen Wartezeiten an den Gerichten führt. Wird es zusätzliche Stellen geben?

Zunächst einmal müssen vorhandene Planstellen auch besetzt werden. Das gilt besonders für die Verwaltungsgerichte. Wir werden dort freie Stellen kurzfristig nach dem demnächst auslaufenden Seniorenmodell besetzen. Ich bin noch nicht so weit, in Klagen über fehlende Richterstellen einzustimmen. Zunächst möchte ich genauer wissen, wie die Eingangszahlen und die Pensen bei den Gerichten sind, warum der Klageeingang zum Beispiel bei den Verwaltungsgerichten für ein Flächenland wie Brandenburg ungewöhnlich hoch ist. Das ist man nur von Stadtstaaten gewöhnt. Wir müssen prüfen, ob dies auch damit zu tun hat, dass die Bürger von Entscheidungen der Verwaltungen nicht besonders überzeugt werden. Wenn es mangelhafte Bescheide gibt, müssen wir das abstellen und mehr juristisches Know How vermitteln. Darüber sind Innenminister Schönbohm und ich im Gespräch.

Bedauern Sie, dass Sie ein abgespecktes Ministerium übernommen haben, weil die Bundesangelegenheiten der Staatskanzlei zugeschlagen wurden?

Nein. Ich glaube vielmehr, dass die bisherige Aufgabenbreite zu groß war: zum einen die Belastung durch Bundesrat und Vermittlungsausschuss, dann der Ausschuss der Regionen in Brüssel, Fachministerkonferenzen und schließlich die Fülle der Herausforderungen im Land. Ich halte es für politisch richtig und konsequent, dass die Bundesangelegenheiten in der Staatskanzlei betreut werden, weil die Nähe zum Ministerpräsidenten erforderlich ist.

Wie beurteilen Sie heute die Aufgeregtheiten um Ihre Äußerungen zum EU-Beitritt Polens vor Ihrem Amtsantritt?

Verstehen Sie das? Wer war warum aufgeregt? Der Ministerpräsident und ich hatten ein einstündiges Gespräch. Wir waren uns völlig einig über Grundlinien der brandenburgischen Europa-Politik. Der eine drückt es so aus, der andere so. Aber es geht darum: Wie können wir Polen und der Tschechischen Republik helfen, dass sie die Voraussetzungen erfüllen, um schnell aufgenommen zu werden? So wird ein Schuh daraus.

Sie kommen aus Bayern[wie sind Sie in Preuß]

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