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Politik: Wie im Comic

Foto: Rückeis AUF ZU DEN LINDEN! Von André Aimaq Im Jahre 1861 wird Abraham Lincoln Präsident der USA.

Foto: Rückeis

AUF ZU DEN LINDEN!

Von André Aimaq

Im Jahre 1861 wird Abraham Lincoln Präsident der USA. Was keiner zu diesem Zeitpunkt ahnen konnte: Er sollte einer der prägendsten Präsidenten werden, mehr noch: eine amerikanische Legende. Der gute Lincoln hatte dabei einen entscheidenden Vorteil: Der Wahlkampf war zu jener Zeit noch nicht „amerikanisiert“. Seine Hakennase, der seltsame Kinnbart und das nicht gerade telegene Äußere waren in seinem Wahlkampf nie ein Problem.

Schnitt in die Gegenwart: Giovanni di Lorenzo schrieb vergangene Woche, die Wähler dieses Landes sehnten sich nach einem Substanz-Wahlkampf. Das tun sie auch. Nur bitte mit kurzen, unterhaltsamen Statements, die unsere viel beanspruchte Aufmerksamkeit nicht überstrapazieren. Deshalb lernt jeder angehende Politiker schon in der Grundausbildung, seine Aussagen auf fernsehgerechte 25 Sekunden zu reduzieren. Aber leider schließen sich Tiefgang und Kürze aus: Den Brockhaus gibt es ja auch nicht als Comic.

Wir als Zuschauer sind der Grund, dass sich die Diskussion auf Gerhard Schröders Krawatte und Edmund Stoibers Körpersprache reduziert. Dabei blitzt wahrer Tiefgang ab und zu noch auf: Zum Beispiel in der letzten Bundestagsdebatte, als es um die Fluthilfe ging. Da konnte man viele interessante Wortmeldungen hören. Unter anderem von einem überraschend gut sortierten Finanzminister, der exzellent auf die Rede des Kanzler-Kandidaten antwortete. Die Debatte hatte Tiefgang, und sie war spannend. Allerdings dauerte sie deutlich länger als 25 Sekunden. Vermutlich ist das der Grund dafür, warum viele von uns sich das nicht antun wollten. Schade, eigentlich.

Der Autor ist Mitinhaber der Berliner Werbeagentur Aimaq·Rapp·Stolle. Bis zum 22. September lesen Sie an dieser Stelle Stimmen zum Wahlkampf.

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