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Schwarze Sonne: Der neue Vorsitzende im Südwesten, Thomas Strobl, bei seiner Bewerbungsrede auf dem CDU-Landesparteitag in Ludwigsburg bei Stuttgart. Foto: Uli Deck/dpa

© dpa

Politik: Wiederbelebung als Auftrag

Thomas Strobl ist neuer CDU-Chef in Baden-Württemberg. Er punktete mit bundespolitischer Erfahrung

Von Hans Monath

Als die Bundesvorsitzende Angela Merkel um 12 Uhr 30 im dicht besetzten Forum am Schlosspark in Ludwigsburg einläuft, wird die Entscheidung über den neuen ersten Mann des zweitgrößten CDU-Landesverbands gerade verkündet: Die Delegierten der Südwest-CDU haben sich für Thomas Strobl entschieden – und zwar deutlicher als prognostiziert: mit 239 von 376 Stimmen. Vom „perfekten Timing“ spricht die Kanzlerin: „So kann es weitergehen mit der Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landes-CDU.“

Keines der jedes Christdemokraten Herz wärmenden Schlüsselworte fehlte in der um gut zehn Minuten überzogenen Bewerbungsrede des 51-jährigen Heilbronner Bundestagsabgeordneten, von der Heimat bis zum christlichen Menschenbild, „ein Schatz, über den keine andere Partei verfügt“, wie Wolfgang Schäubles Schwiegersohn formulierte. Aber er sagte auch, was lange nicht zu hören war: „Ich möchte eine lebendige Partei, die CDU muss wieder politischer werden.“ Diskussion statt Akklamation hat sich der Kandidat vorgenommen, der 2005 unter Günther Oettinger Generalsekretär wurde und es unter Stefan Mappus blieb – um des Friedens willen in der Partei, in der sich immer noch sehr viele in einem der beiden Lager verorten.

Nicht dass der mit 137 Stimmen unterlegene Konkurrent Winfried Mack, stellvertretender Fraktionvorsitzender im Landtag, ansonsten bisher aber eher ein unbeschriebenes Blatt, am Parteitag vorbeigeredet hätte. Auch der 45-jährige Konservative appellierte an das derzeit arg strapazierte Selbstbewusstsein der Südwest-CDU: „Wir in Baden-Württemberg sind die Bewahrer des Markenkerns der CDU Deutschlands. Wir müssen uns aber wieder mehr an den Grundwerten orientieren“, sagte Mack. Als Landespolitiker sah er sich geradezu prädestiniert, „systematisch“ rauszugehen zur Basis.

Hätte die das letzte Wort gehabt, wie nicht wenige CDU-Mitglieder es wollten, „dann wäre es anders ausgegangen“, da gab sich Mack anschließend sicher. Über 60 Prozent der Delegierten aber überzeugte der Vorsitzende der 37 Mitglieder der CDU-Landesgruppe im Bundestag mehr: „Der Landesvorsitzende der CDU muss sich im Bund einbringen, zumal, wenn wir jetzt keinen Ministerpräsidenten mehr haben, der sich in Kamingesprächen mit der Kanzlerin austauschen kann.“

Drei gewesene Regierungschefs waren in Ludwigsburg anwesend: Lothar Späth, Günther Oettinger – und der einzige von den Bürgern abgewählte Stefan Mappus. Seine letzte Rede als Parteichef fiel ihm sichtbar schwer: „Es ist auch für mich ein sehr emotionaler Moment.“ Noch einmal nannte er Gründe für die Niederlage im März, „die man nicht gesundbeten kann“: der hochemotionale Protest gegen Stuttgart 21, die atomare Katastrophe in Fukushima. Und wieder kam die Medienschelte: „Eine Mär“, nannte er „eine neutrale Wahlkampfberichterstattung“. Selbstkritisches war nicht zu vernehmen. Am Ende brach Mappus die Stimme. Als er, während ihm der Parteitag lange stehend applaudierte, seine Tränen nicht mehr zurückhalten konnte, schaltete die Regie das Parteitagslogo auf den Großbildschirm.

Auch die Kanzlerin griff die „schmerzliche Niederlage“ auf: „Für die CDU Deutschland hat sich damit etwas verändert.“ Deshalb werde die ganze Partei alles tun, damit die Südwest-CDU „möglichst schnell wieder in Regierungsverantwortung kommt“. Fast 50 Minuten nahm sich Angela Merkel Zeit, um den ob vieler programmatischer Volten der Bundes-CDU irritierten Parteifreunden Nachhilfe zu erteilen. Der Tenor war klar: Weil sich die Welt ändert, musste und muss auch die CDU ihre Positionen verändern – bei der Wehrpflicht, in der Atom- und in der Bildungspolitik: „Es darf nicht passieren, dass die CDU ein Grundsatzprogramm hat und keiner vor Ort hält sich dran.“ Bei Merkels Aufforderung, der „hervorragenden“ Bundesbildungsministerin Annette Schavan zu danken, regten sich nicht gerade viele Hände zum Applaus. Der Schwenk weg von der Hauptschule stößt bei den Christdemokraten im Südwesten auf tiefe Skepsis. Wie hatte doch Thomas Strobl nicht nur in Richtung Grün-Rot gesagt: 25 Prozent aller Schüler im Land gingen auf gut funktionierende Hauptschulen, das sei auch angesichts der Ergebnisse der Wahlsieger (24 und 23 Prozent) „nicht nichts“.

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