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Politik: Willfried Penner - Ein parlamentarischer Handwerker von Graden

Wer ihn näher kennt, schätzt seinen ins Skurrile tendierenden Humor. In der politischen Öffentlichkeit bekannter sind die Präzision seiner Rede und die Diskretion seines Handelns.

Wer ihn näher kennt, schätzt seinen ins Skurrile tendierenden Humor. In der politischen Öffentlichkeit bekannter sind die Präzision seiner Rede und die Diskretion seines Handelns. Dieser Disposition entsprechend hält sich der frisch gewählte Wehrbeauftragte des Bundestags mit ersten Äußerungen zurück. "Spannend", sagt Willfried Penner dem Tagesspiegel, finde er die Aufgabe als Ombudsmann der Soldaten gerade in einer Zeit, da die Bundeswehr vor der wohl größten Umorganisierung ihrer Geschichte steht. Nach Karl Wilhelm Berkhan ist der 63-Jährige der zweite Sozialdemokrat auf diesem Posten. Er folgt auf die Christdemokratin Claire Marienfeldt, die ihren Dienst noch zu Zeiten der Regierung Helmut Kohl angetreten hatte.

Gelegentliche Fragen, warum ausgerechnet der langjährige Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag sich zum Abschluss seiner Laufbahn plötzlich mit der Bundeswehr befassen soll, vergessen, dass Penner keineswegs Neuland betritt. Es ist zwar schon eine Weile her - aber vom Herbst 1980 bis zum Aus für die sozialliberale Koalition Ende 1982 war der gebürtige Wuppertaler unter dem SPD-Politiker Hans Apel Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium.

Wie bei allen Aufgaben, die er zu erfüllen hatte, erwarb er sich auch hier einen guten Ruf. Willfried Penner gehört zu jenem Mittelbau, ohne den die Spitzenpolitiker nicht auskämen. Er ist ein parlamentarischer Handwerker von Graden, hat sich selbst als "Feinmechaniker" oder "politischen Uhrmacher" bezeichnet. Keine großen Reden schwingen, aber präzise Kleinarbeit leisten - das ist sein Motto.

Adolf Arndt, Fritz Erler, Carlo Schmidt - der Jurist, der Fraktionschef, der Schöngeist: Wenn Penner drei der besten Redner der SPD im Bundestag als Leitfiguren nennt, so nicht wegen ihrer Rhetorik, sondern weil sie für ihn jene klassische Sozialdemokratie verkörpern, der er sich verpflichtet fühlt.

Nach Promotion und Referendariat führte ihn der Berufsweg Mitte der 60er Jahre in die Zentralstelle zur Verfolgung von NS-Verbrechen ins baden-württembergische Ludwigsburg. Außerhalb der Politik war darauf der höchste Posten, den er bekleidete, der eines Ersten Staatsanwaltes in seiner Heimatstadt Wuppertal. Im Bundestag, dem er seit 1972 angehört, war mit Ausnahme der Zeit auf der Hardthöhe die Rechtspolitik sein Gebiet. Strafrechtsreform lautet ein zentrales Stichwort, ebenso wie Paragraph 218. In verschiedenen Untersuchungsausschüssen bewährte sich der Vater von drei Kindern ebenso wie als Vorsitzender der Kontrollkommission für die Geheimdienste und zuletzt als erster Mann im Innenausschuss.

Leiten, zusammenführen, vor allem aber unbestechlich, präzise nachfragen und ermitteln - gern, so heißt es, hätte er dies als Generalbundesanwalt getan. 1990 hätte durchaus die Gelegenheit bestanden. Penner, ein Befürworter auch des maßvollen, wohl kontrollierten Lauschangriffs, ist über die eigene Fraktion hinaus geschätzt, wie auch das aktuelle Wahlergebnis zeigt. Aber dann setzte die FDP ihren Kandidaten Alexander von Stahl als Nachfolger Kurt Rebmanns durch.

Nun also Wehrbeauftragter. "Ombudsmann" der Soldaten wird er genannt, auch "Klagemauer" - jedenfalls ist er die weltweit vorbildliche Instanz, an die sich Soldaten jenseits der Hierarchien wenden können, wenn sie sich in ihren Rechten oder in ihrer Würde verletzt fühlen. Und wie seine Vorgänger wird er sich auch der Stimmung in der Truppe insgesamt annehmen, der vielleicht wichtigsten Aufgabe.

Zu dem Wenigen, was er sich vor seiner Wahl hat entlocken lassen, gehört, dass er das Thema "Wehrgerechtigkeit" für ein in Zukunft ähnlich zentrales hält wie schon einmal in den 70er Jahren. Damals waren die Jahrgänge junger Männer stärker als die Bundeswehr sie brauchte. Heute sind die Jahrgänge schwächer, aber die reformierte Bundeswehr braucht erheblich weniger Rekruten. Verteidigungsminister Rudolf Scharping hat also künftig einen loyalen, aber sicher nicht bequemen Anwalt der Soldaten als Gegenüber.

Thomas Kröter

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