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Politik: „Wir brauchen einen neuen Anlauf“

Oskar Lafontaine über Freundschaft – im Großen wie im Kleinen

Große Freundschaften beginnen im Kleinen, das gilt auch für die zwischen Deutschland und Frankreich. Und bevor er als Ministerpräsident und später als Bundesfinanzminister große Politik machte, pflegte Oskar Lafontaine als Bürgermeister in Saarbrücken im Kleinen den guten Austausch zum Nachbarland. „Wir haben im Saarland die französische Kultur sehr gepflegt“, sagt er, der in Saarlouis direkt an der Grenze geboren ist. Vor allem die vielen Städtepartnerschaften hätten die Menschen einander näher gebracht. An der Grenze sei das natürlich auch recht einfach gewesen, zumal etwa Elsässer und Lothringer Deutsch in der Schule haben lernen müssen. Überhaupt sei die Sprache der Schlüssel zur Kultur, und Oskar Lafontaine kann immerhin über sich sagen: „Ich spreche Französisch, nur einigermaßen, aber ich spreche es.“

Anders als viele Jugendliche zu beiden Seiten des Rheins, die mittlerweile lieber Englisch oder Spanisch lernen. „Wir brauchen einen neuen kulturellsprachlichen Anlauf“, sagt Lafontaine deshalb. In seinem Heimatbundesland hatte er als Ministerpräsident damit schon einmal angefangen, indem Straßenschilder und Ortsbezeichnungen Autofahrern den Weg zweisprachig weisen müssen, doch reicht das nicht, findet Lafontaine. Auch die Medien hätten eine Bringschuld: „Die Presse muss stärker deutsche und französische Texte zusammen transportieren.“ Im Fernsehen war man diesen Schritt mit Gründung des Kulturkanals Arte bereits gegangen, auch dank Lafontaine, der gemeinsam mit dem früheren französischen Kulturminister Jacques Lang als politischer Unterstützer der TV-Kooperation galt. Enge Zusammenarbeit verband Lafontaine später auch als Finanzminister mit seinem Pariser Amtskollegen Dominique Strauss-Kahn, einem Duzfreund, mit dem er einen Vorstoß unternahm, die Wechselkurse der Weltwährungen stärker zu kontrollieren. Von dem Franzosen, der bald nach Lafontaines Rückzug aus der Politik wegen einer Korruptionsaffäre zurückgetreten war, hatte er sich auch den Zuschnitt seines Ressorts abgeguckt.

Was einst im Kleinen angefangen hatte, muss nun im Großen fortgesetzt werden, ist Lafontaine überzeugt. Er fordert, die deutsch-französische Achse noch kräftiger zu schmieden, schon allein aus „geostrategischer Notwendigkeit“ heraus. „In einer Welt, in der es mit den USA nur einen Hegemon gibt, muss es ein starkes Gegengewicht geben“, sagt er, und dies müsse Europa sein. Allerdings kein Europa, „das sich um jede kleine Verordnung streitet“, sondern eines, das mit gemeinsamer Stimme spricht: ein deutsch-französisch geprägtes Europa.neu

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