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Politik: „Wir brauchen wieder Lichterketten“

In Israel ist die Forderung nach einem NPDVerbot laut geworden. Was halten Sie davon?

In Israel ist die Forderung nach einem NPDVerbot laut geworden. Was halten Sie davon?

Wir sind alle für ein Verbot der NPD. Die gesamte Bevölkerung in Israel kann nicht verstehen, wie man so eine Partei zulassen kann. Für uns wird es sehr schwierig werden, die Demonstrationen zu sehen, die die NPD am 8. Mai vor dem Brandenburger Tor plant. Wir wissen ganz genau, dass diese Partei nicht mehr als eine kleine Minderheit vertritt. Aber so hat ja auch die Nazi-Partei in den 20er Jahren angefangen. Und sie konnte sich so weit entwickeln, weil die Mehrheit der deutschen Bevölkerung ihr gegenüber zumindest gleichgültig war. Wir wollen jetzt keine Gleichgültigkeit sehen.

Wie wirken die Bilder von Neonaziaufmärschen in der israelischen Öffentlichkeit?

Rechtsextreme Parteien gibt es überall. Aber in Deutschland haben sie eine ganz andere Bedeutung als anderswo, weil sie die Namen, Symbole und Farben der alten Nazi-Partei tragen. Sie wecken Gespenster aus der Vergangenheit. Was uns aber tief beeindruckt hat, sind die Gegendemonstrationen. Die Lichterketten waren der Beweis, dass die Deutschen anders als in den 20er Jahren nicht mehr gleichgültig sind. Das brauchen wir heute wieder.

Gibt es heute aus Ihrer Sicht zu wenige Gegendemonstrationen?

Ja. Man hat den Eindruck, dass die Neonazis sich heute viel mehr erlauben können. So etwas wie im Dresdner Landtag hätten sie sich vor zehn oder zwanzig Jahren vielleicht nicht erlaubt. Sie sind kühner geworden – wahrscheinlich weil sie meinen, dass die Mehrheit der Deutschen so etwas dulden würde.

Der Versuch, die NPD zu verbieten, ist vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Sollte die Bundesregierung dennoch einen zweiten Anlauf versuchen?

Das muss man natürlich viel besser vorbereiten. Eins ist klar: Ein zweites Scheitern darf es nicht geben. Das könnte gefährlich werden. Aber eine Demokratie muss sich gegen Antidemokraten verteidigen können.

Das Gespräch führte Claudia von Salzen.

Avi Primor (69)

war von 1993 bis 1999 israelischer Botschafter in Deutschland. Dann kehrte der Politologe nach Israel zurück und war Vizepräsident der Universität Tel Aviv.

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