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Politik: „Wir sollten uns nicht am Wiederaufbau beteiligen“

Grünen-Politiker Volmer über einen Irakkrieg und Amerikas Dominanz

LUDGER VOLMER(51)

ist außenpolitischer Sprecher der Grünen

Bundestagsfraktion.

Von 1998 bis 2002 war der gebürtige Gelsenkirchener Staatsminister im Auswärtigen Amt.

Foto: ddp

US-Außenminister Powell hat Hilfe für den Wiederaufbau des Irak nach einem Krieg gefordert. Soll Deutschland eine positive Antwort geben?

Nein. Die US-Regierung hätte die Partner konsultieren sollen, bevor sie einen Prozess in Gang setzt, der zu solchen Eskalationen führt. Es schafft keine günstige Perspektive für die Entwicklung der internationalen Gemeinschaft, wenn eine Supermacht vorprescht und dann verlangt, dass sich hinterher alle anderen daran beteiligen, den Schaden zu reparieren.

Sie fürchten, dass der Irakkrieg einen Modellfall darstellt und die Zustimmung zu diesem Einzelfall weitere Kriege dieser Art befördert?

Das ist unsere Befürchtung. In der Auseinandersetzung um die Irak-Politik geht es um die Frage nach der Neuordnung des Globus nach dem Ende des Kalten Krieges. In der jetzigen amerikanischen Regierung haben die Unilateralisten die Übermacht. Sie versuchen, ohne Rücksicht auf die internationale Staatengemeinschaft eigene Interessen durchzusetzen. Für uns stellt sich die Frage, wie der Ausgleich zwischen vielen Akteuren der Weltpolitik und das Funktionieren der UN gegen diese Ansprüche Washingtons behauptet werden kann.

Gefährdet nicht auch die deutsche Haltung die Vereinten Nationen?

Es kann sein, dass die UN beschädigt werden, weil die Supermacht USA signalisiert, dass sie notfalls auch ohne Rücksicht auf den Sicherheitsrat handeln wird. Gleichzeitig setzt die Regierung Bush die UN sehr stark unter Druck. Deshalb darf man doch nicht verlangen, dass nun die Gegner einer Militäraktion umschwenken.

Es gibt einen kanadischen Kompromissvorschlag: Mehr Zeit für die Inspektionen, im Gegenzug ein Ja zu militärischen Konsequenzen, falls Saddam Hussein die UN-Auflagen nicht erfüllt. Ist das ein Weg für Deutschland?

Nein. Wir werden keinem Ultimatum zustimmen, wir lehnen jeden Automatismus hin zu einem Militäreinsatz ab. Das Memorandum, das Berlin, Paris und Moskau vorgelegt haben, schlägt vor, einen genauen Zeit- und Projektplan für die Abrüstung des Irak zu entwickeln. Es dauert unterschiedlich lange, die Potenziale an atomaren, chemischen und biologischen Waffen zu überprüfen. Die atomare Frage ist relativ schnell zu erledigen. Die Kontrolle der biologischen Potenziale ist eine dauerhafte Aufgabe. Denn es geht dabei auch um die Überprüfung der Verwendung von Stoffen, die für zivile Zwecke wie etwa die pharmazeutische Versorgung benötigt werden.

Würde ein Kompromiss nicht der US-Regierung eine Brücke bauen?

Wenn die US-Regierung hätte einlenken wollen, dann hätte sie vor Wochen die Möglichkeit dazu gehabt. Mit der Behauptung, sie hätte wasserdichte Beweise für Massenvernichtungswaffen des Irak hat sie sich sehr gebunden. Ich halte die Chance, dass sie auf eine Militärintervention verzichtet, für sehr gering.

Das Gespräch führte Hans Monath.

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