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Kampfansage der CDU: „Wir werden die AfD argumentativ plattmachen“
Die Christdemokraten erklären die AfD zu ihrem Hauptgegner, den sie konsequenter als bisher inhaltlich stellen wollen. Merz verspricht dafür auch ein geschlossenes Erscheinungsbild seiner Regierung.
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Ein Video des AfD-Politikers Maximilian Krah gehört zu dem, was die CDU nun als Grundlage für ihre neue alte Abgrenzungsstrategie heranzieht. In dem zwei Jahre alten ARD-Interview erklärte der damalige Spitzenkandidat für die Europawahl die Christdemokraten zum „Hauptfeind“ seiner Partei.
„Die politische Rechte kommt nur dann zum Erfolg, wenn die Christdemokraten verschwinden“, sagt Krah. Nur mit einer von außen herbeigeführten „Implosion der CDU“ könne die AfD den Großteil der konservativen Wählerinnen und Wähler für sich gewinnen.
Einzelne CDU-Leute haben seither immer wieder auf dieses strategische Vorgehen der AfD hingewiesen, um Forderungen nach einer Zusammenarbeit wegzuwischen.
Seit der am Montag zu Ende gegangenen Präsidiumsklausur ist das nun offizielle Parteilinie: „Die AfD hat erklärt, die CDU zerstören zu wollen, die große, stolze Volkspartei“, erklärt Baden-Württembergs stellvertretender Ministerpräsident Thomas Strobl nach der Sitzung: „Diesen Kampf nehmen wir an – wir werden die AfD argumentativ plattmachen.“
Für Markus Söder, den Parteichef der parallel in München tagenden CSU, ist die AfD gar der „Systemfeind“. Eine Kooperation würde, wie der Blick ins europäische Ausland zeige, „die Union zerreißen und sie marginalisieren“. Schon gar nicht will der bayerische Ministerpräsident, dass die Union zum Steigbügelhalter der Rechtsextremen wird – so wie einst die Zentrumsparteien der Weimarer Republik Hitler an die Macht verhalfen: „So etwas haben Bürgerliche schon einmal gemacht. Das darf nie wieder passieren.“
Merz will die Unterschiede zur AfD noch klarer benennen
„Wir werden uns von diesen Leuten nicht zerstören lassen“, sagt auch Friedrich Merz nach den am Sonntag begonnenen Beratungen der Parteispitze. Es handele sich bei der AfD um eine Partei, „die uns vernichten will“, sagt der Anfang Mai zum Bundeskanzler gewählte CDU-Chef. Seine Christdemokraten wollten „die bestimmende politische Kraft in Deutschland bleiben“ und daher künftig über die AfD „klar und deutlich sagen, wo sie steht“. Man werde „noch intensiver die Unterschiede deutlich machen“.
So recht schafft es Merz jedoch nicht, zu formulieren, was neu ist an diesem Tag beziehungsweise worin die neue Strategie der Partei im Umgang mit der Konkurrenz von rechts außen eigentlich bestehen soll. Sind vereinzelte Forderungen nach einer Neuinterpretation des Unvereinbarkeitsbeschlusses von 2018 nicht gerade einvernehmlich von der Parteispitze abgeschmettert worden? Und wird nicht schon länger versucht, mit guter Regierungsarbeit und dem Lösen der Probleme die „Alternative für Deutschland“ überflüssig zu machen? Man habe die bisherige Haltung bekräftigt, sagt Merz, diese müsse „nicht jede Woche neu erfunden werden“.
Ich kann jedem nur raten, es ernst zu nehmen, wenn wir jemanden als Hauptgegner bezeichnen. Dann bekämpfen wir ihn wirklich.
Friedrich Merz, CDU-Chef
Eher sieht er, dass das mit dem guten und geräuschlosen Regieren in den vergangenen sechs Monaten nicht so gut geklappt hat – und räumt diesbezüglich Fehler auch bei den internen Abläufen ein, die er nun abstellen will: „Die Regierung muss Probleme lösen. Sie darf nicht den Eindruck erwecken, dass sie zerstritten ist.“ Er will sich deshalb erst am Vorabend länger mit seinem Verteidigungsminister Boris Pistorius ausgetauscht haben, damit die verkorkste Wehrdienst-Einigung aus der Vorwoche doch noch zustande kommt.
Zwischen den einzelnen Sätzen wird ein wenig klarer, wie der wahrscheinliche „Hauptgegner“ bei den Landtagswahlen des nächsten Jahres in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern über besseres Regieren hinaus konkret bekämpft werden soll. „Und ich kann jedem nur raten, es ernst zu nehmen, wenn wir jemanden als Hauptgegner bezeichnen“, sagt Merz: „Dann bekämpfen wir ihn wirklich.“
Linnemann spießt die Lage in Sonneberg auf
Generalsekretär Carsten Linnemann gibt einen Vorgeschmack darauf, als er unvermittelt in die Politik des Landkreises Sonneberg eintaucht, wo entgegen allen Versprechen des vor zwei Jahren gewählten AfD-Landrats nun eine 120 Jahre alte Schule geschlossen worden sei. Die Widersprüche der rechtsextremen Partei sollen in möglichst allen Details geschildert werden: „Sie lebt von Problemen. Das ist nicht unser Geschäftsmodell.“
Linnemann will auch für eine höhere Präsenz vor Ort sorgen, weil der Kölner Psychologe Stephan Grünewald den Klausurteilnehmern eingetrichtert hat, wie wichtig die persönliche Begegnung mit Parteivertretern ist.

© IMAGO/Bernd Elmenthaler
Ganz im Sinne von Merz, der keinen Ost-West-Unterschied in der AfD-Wahrnehmung seiner Partei ausmachen will, betont auch Sachsen-Anhalts CDU-Parteichef Sven Schulze, dass die Ultrarechten in kommunaler Verantwortung „nicht ansatzweise das umsetzen konnten, was sie vorgeschlagen haben“. Er findet es auch nicht richtig, angesichts der haushohen Umfrageführung der AfD ein Jahr vor der Wahl in seinem Bundesland aufzugeben und von Berlin aus schon mögliche Minderheitsregierungen vorzubereiten.
„Wir hatten auch 2021 vorher Umfragen, die einen Abstand von mehr als zehn Prozent gesehen haben, und am Ende ist es genau umgekehrt ausgegangen.“ Was ihm Sorge macht, ist die große Sichtbarkeit der AfD im sogenannten vorpolitischen Raum: „Das ist eine Hausaufgabe für uns alle.“
Merz will in den Debatten der nächsten Monate insbesondere betonen, dass die AfD „nicht nur die Politik der letzten Jahre infrage stellt“, also die während der Kanzlerschaft von Angela Merkel und im Anschluss auch der Ampelkoalition. Vielmehr stehe die AfD gegen alle Grundsatzentscheidungen der bundesrepublikanischen Geschichte, an denen seine CDU mitgewirkt habe – die europäische Einigung, Westbindung in der Nato, die Währungsunion: „Wir haben mit dieser Partei keinerlei Übereinstimmung – weder in den Grundüberzeugungen noch in den tagespolitischen Fragen“.
Miesepetrigkeit der AfD
Der Miesepetrigkeit der AfD, die aus einer möglichst düsteren Lagebeschreibung politisch Honig saugen will, möchte der Kanzler „ein anderes Deutschlandbild“ und „eine neue Einheit unseres Landes“ entgegensetzen. Er wiederholt dann noch einmal, dass mit „härtestem Widerstand“ rechnen müsse, wer die CDU zerstören wolle.
Dass er hinzufügt, die geschrumpften Grünen hätten bei der Bundestagswahl im Februar erfahren, was es bedeute, wenn die CDU Ernst mache mit einem politischen Gegner, gehört möglicherweise zu den in der Partei nicht so offen diskutierten Problemen – zumindest ist diese indirekte Gleichsetzung fragwürdig und das „Grünen-Bashing“ aus dem letzten Wahlkampf mit politischen Folgekosten einhergegangen: Allein die SPD als Koalitionspartner zur Verfügung zu haben, hat die CDU möglicherweise zu mehr Kompromissen gezwungen.
Auch dass Merz von seiner „Stadtbild“-Äußerung „nichts zurückzunehmen“ hat und parallel der AfD attestiert, sie stehe für „Spaltung“, zeugt von einer eher einseitigen Wahrnehmung der Problemlage. Der CDU-Chef verweist mit gutem Recht auf das abnehmende Sicherheitsgefühl junger Frauen im öffentlichen Raum: „Fragen Sie Ihre Töchter!“
Zugleich will er nicht verstehen, dass sich Migranten verletzt fühlen, wenn sie in ihrer Gesamtheit dafür verantwortlich gemacht werden. In der Union springen Merz am Montag alle bei – statt Differenzierung von ihm zu fordern.
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