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Politik: Wir werden uns Truppen nicht aussuchen können

Zoran Djindjic ist Chef der oppositionellen Demokratischen Partei Serbiens.Im Winter 1996/97 demonstrierte er mit Draskovic gegen Milosevic.

Zoran Djindjic ist Chef der oppositionellen Demokratischen Partei Serbiens.Im Winter 1996/97 demonstrierte er mit Draskovic gegen Milosevic.Der 46jährige Philosophieprofessor aus Novi Sad war Belgrads erster nichtkommunistischer Bürgermeister, bevor der spätere Milosevic-Vasall Draskovic ihn stürzte.Mit ihm sprach Claudia Lepping.

TAGESSPIEGEL: Sprechen Draskovic und Milosevic mit einer Stimme?

DJINDJIC: Draskovic betont, daß er im Auftrag von Milosvic spricht.Wenn er die Wahrheit verlangt, heißt das, daß es offiziell bislang nur Propaganda gegeben hat.Niemand hat bislang zugestanden, daß wir Frieden schließen müssen, weil wir den Krieg nicht gewinnen können und Moskau uns nicht hilft.Die Welt ist vereint gegen uns.

TAGESSPIEGEL: Glauben Sie also, daß es bald NATO-Truppen mit UN-Mandat im Kosovo geben wird?

DJINDJIC: Wir werden es uns nicht aussuchen können.Wir werden keine Forderungen stellen können.Zur Wahrheit gehört, daß wir uns nicht länger belügen.Es gibt kein Leben, in dem die Serben zwei Monate Krieg aushalten können.Ein Monat ist schon schwer.

TAGESSPIEGEL: Fühlt sich das serbische Volk wieder in der Rolle der Opfer?

DJINDJIC: Ja.Wir sind ungerecht angegriffen worden: Allein die Tatsache, daß wir den Vertrag von Rambouillet nicht unterschrieben haben, ist kein Grund, Krieg zu beginnen, das ist unverhältnismäßig.

TAGESSPIEGEL: Sie sagten, die Serben sollen sich nicht länger belügen.Zur Erinnerung: Der Krieg wurde begonnen, weil serbische Spezialeinheiten Hunderttausende albanische Moslems aus dem Kosovo vertrieben haben.Augenzeugen berichten von Mord und Vergewaltigung.

DJINDJIC: In Serbien wird berichtet, daß die Vertreibung erst nach Beginn des NATO-Luftangriffes begonnen hat.Die Menschen sind erst nach den Bomben aufgebrochen

TAGESSPIEGEL: Aber Sie kennen die Wahrheit.Ist Wahrheit doch zuviel?

DJINDJIC: Das wird kommen.Im Moment dominiert das Gefühl, daß die NATO zuviel zerstört, als daß sie Unrecht verhindert.Eine fehlende Unterschrift ist kein Grund für Bomben.Das hat es noch nie gegeben.

TAGESSPIEGEL: Und Ihre Zukunft?

DJINDJIC: Die Opposition hat keine Chance, wenn wir uns selbst überlassen werden.Wir können in Serbien im Moment nicht europäische Solidarität predigen, hoffen aber darauf, daß uns der Westen später hilft.

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