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Politik: Wirtschaft hofft auf Absatzmarkt Iran

Bei einer Lösung im Atomstreit könnte auch zivile Nukleartechnologie aus Deutschland exportiert werden

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Berlin - Die deutsche Wirtschaft will ihr Exportgeschäft mit dem Iran erheblich ausweiten, falls Teheran im Atomstreit auf das internationale Anreizpaket eingeht. „Deutschland würde als wichtigster Handelspartner Irans in der EU natürlich von einer positiven Entwicklung der aktuellen Lage profitieren“, sagte der Präsident des Bundesverbandes des deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), Anton F. Börner, dem Tagesspiegel. Deutschland habe dem Iran auch im Bereich der zivilen Nukleartechnik Spitzentechnologie zu bieten. Das Anreizpaket, das die fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrates und Deutschland Anfang Juni unterbreitet hatte, stellt dem Iran auch eine Zusammenarbeit bei der zivilen Nutzung der Kernenergie in Aussicht.

Wichtigste deutsche Exporte in den Iran sind laut Börner Maschinen und Anlagen, Kraftfahrzeugteile und -komponenten sowie Chemieprodukte. Deutschland habe auch bei Infrastruktur und Energieerzeugung Spitzentechnologie zu bieten. „Dazu gehört natürlich die zivile Nukleartechnologie, insbesondere im Hinblick auf die dazugehörige (Kraftwerks-)Sicherheitstechnologie“, sagte er: „Wir könnten dem Iran somit modernste Technologien für den zivilen Bereich liefern.“ Auch das zivile iranische Atomprogramm müsse aber weiter beobachtet werden, um einen „dual use“ (eine militärische Verwendung) der Technologie auszuschließen, sagte der BGA-Präsident. Deutschland verfüge „bekanntlich ohnehin über das strikteste Exportkontrollsystem weltweit“.

Börner sagte, das Angebot der Vetomächte und Deutschlands biete dem Iran die Möglichkeit, sein Gesicht zu wahren, indem es begrenzte zivile nukleare Aktivitäten zulasse. Zwar sei noch keine Entscheidung gefallen. „Aber es scheint ein Prozess des Nachdenkens eingesetzt zu haben, der eine friedliche Lösung dieses Konfliktes wahrscheinlicher macht“.

Konkrete Vereinbarungen mit der Wirtschaft für den Fall eines iranischen Einlenkens hat die Bundesregierung offenbar nicht getroffen. Das Anreizpaket für den Iran sei „nicht mit der deutschen Wirtschaft abgestimmt“ worden, sagte ein Sprecher des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI). Auch ein Sprecher des deutschen Zweigs des Atomtechnologie-Konzerns Areva NP (früher Framatome ANP), eines Gemeinschaftsunternehmens der französischen Framatome und der Siemens AG, sagte, es habe dazu keine Gespräche mit der Politik gegeben.

Wenn an diesem Samstag Irans Außenminister Manucher Mottaki in Berlin seinen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier trifft, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls Teherans Sicht auf das Angebotspaket ein Thema. Eine Antwort wird aber nicht erwartet – die wird eher Präsident Mahmud Ahmadinedschad oder Atomchefunterhändler Ali Laridschani geben, und Ahmadinedschad kündigte vor einigen Tagen an, der Iran wolle noch bis August überlegen. Insgesamt werden Teherans Reaktionen seit Erhalt des Angebotspakets verhalten optimistisch gesehen. Durch die Äußerungen des Regimes seit Anfang Juni ist der Eindruck entstanden, dass der Iran nach wie vor Interesse an einer Lösung hat. Dafür würde auch der kurzfristig angekündigte Besuch des Außenministers sprechen. In Wien hatte am Donnerstagabend Dschawad Waidi, Vizechef des nationalen Sicherheitsrats des Iran, eine Aussetzung der Urananreicherung sogar „im besten Fall als Ergebnis“, nicht als Vorbedingung für Verhandlungen genannt. Irans Botschaft zog diese Übersetzung aber später zurück, die Aussetzung sei generell ausgeschlossen.

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