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Wer gibt hier eigentlich den Ton an?

© dpa

Wohin steuert die CDU?: Merkel muss weg? Merkel ist weg!

Was gestern die AfD verlangte, fordern heute die Klöckners, Spahns und Strobls der CDU. Merkel wird versteckt, Gauland bekommt Muffensausen - und für die Grünen wird das Werte-Pingpong zur Chance. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

Der größte Erfolg der AfD ist die CDU. Ihre 20,8 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern, die 54.000 Twitter-Follower, möglicherweise zweistellig bei der Bundestagswahl? Pah. Die eigentliche Leistung der AfD ist die Konversion der Christdemokraten. Die CDU schwört Merkel ab – und besinnt sich auf ihre rechtskonservative Seite.

In der CDU übernehmen die Spahns, Klöckners und Strobls die öffentliche Meinungsbildung

Angela Merkel selbst hat die Wende mit eingeleitet. Bekenntnisse zur Willkommenskultur verkneift sie sich schon lange, die Asylrechtsverschärfungen hat sie mit vorangetrieben. Doch es sind die Jens Spahns, die Julia Klöckners, die Thomas Strobls der CDU, die sich an die Spitze der öffentlichen Meinungsbildung gesetzt haben, weit rechts von Merkel. Jens Spahn setzte Ende 2016 auf dem Parteitag in Essen gegen Merkels Willen einen Beschluss gegen den Doppelpass durch und punktete kürzlich mit dem Vorschlag eines Islamgesetzes, unterstützt von Julia Klöckner. Sie sind es auch, die nun Thomas de Maizières zehn Punkte zur Leitkultur beklatschen (der ein Islamgesetz noch ablehnte). „Goldrichtig“, sei der Vorschlag, ließ Thomas Strobl wissen.

Die CDU holt die AfD in sich heraus

Die CDU holt für den Wahlkampf die AfD in sich heraus: Für einen starken Staat, für eine starke nationale Identität mit Betonung auf „national“. Den völkischen Quatsch spart man sich, aber das Bekenntnis zur Einwanderungsgesellschaft, das der Partei kurz vor 2015 quasi schon auf den Lippen lag, haben die Christdemokraten erst einmal wieder heruntergeschluckt.

Nun sagen Kenner: War alles immer schon da in der Union. Stimmt ja auch. So ist das in Volksparteien. Sie haben viele Gesichter – die Frage ist, welches sie auf den Wahlplakaten zeigen. Da wird Merkel sicher zu sehen sein, allerdings eher der Form halber. Die AfD hat erreicht, was sie so gern auf Twitter hashtagt: #Merkelmussweg? Merkel ist weg!

Ist die CDU die neue AfD, können die Grünen ja die neue CDU sein

Bei so viel Erfolg bekommt die AfD schon Angst vor der eigenen Courage. Am Montag erinnerte die Partei gleich daran, dass sie das Original sei, die CDU alles nur klaue und kaputt mache. Am Dienstag schob AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland hinterher, die Christdemokraten würden die Leitkultur „missbrauchen“. Der Partei sausen die Muffen, zu Recht, können sie doch bei den Grünen gerade beobachten, was passiert, wenn die eigenen Ansichten, Pardon, Leitkultur werden und man sich selbst überflüssig macht – beziehungsweise von einer Volkspartei aufgesogen wird.

Für die Grünen ist die Konversion der CDU übrigens eine Chance: Ist die CDU die neue AfD, können die Grünen die neue (Merkel-)CDU sein und den Platz auf dem Komposthaufen für überflüssige Werte an die AfD weiterreichen. Das Parteiensystem, es ist eine ewige Reise nach Jerusalem.

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