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Beate Klarsfeld wurde vom DDR-Geheimdienst mit Material versorgt. Foto: dpa

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Politik: Wulffs Exfrau im Visier der Ermittler Justiz prüft Beschäftigung bei Wirtschaftsprüfer Das SED-Regime und die „Nazi-Jägerin“

Selbst Parteichef Ulbricht war in der DDR über Klarsfelds geplante Aktionen gegen Kiesinger informiert.

Hannover - Die Staatsanwaltschaft Hannover beschäftigt sich jetzt auch mit der ehemaligen Frau des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff. Geprüft werde die strafrechtliche Relevanz der Beschäftigung von Wulffs Exfrau Christiane beim Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers (PwC), teilte die Staatsanwaltschaft der Nachrichtenagentur dpa mit.

Nach der Scheidung des Ehepaars wurde Christiane Wulff Ende 2008 bei der Osnabrücker Rechtsanwaltskanzlei Schindhelm angestellt, ohne dass sie für die Kanzlei tätig wurde. Diese Konstruktion begründete PwC-Chef Norbert Winkeljohann in der „Welt am Sonntag“ damit, dass die Anstellung keine mediale Aufmerksamkeit hervorrufen sollte: „Um nicht Gegenstand der Berichterstattung zu werden, erfolgte die Anstellung durch Schindhelm. Die Arbeit von Frau Wulff fiel ausschließlich bei PwC an.“ Es handele sich aber nicht um ein Scheinarbeitsverhältnis.

Winkeljohann, der wie Wulff aus Osnabrück stammt, hatte die Anstellung der Juristin dem Bericht zufolge eingefädelt, nachdem diese bei ihrer Jobsuche in Kontakt mit ihm getreten war. Die Osnabrücker Kanzlei Schindhelm hatte demnach früher zu PwC gehört. Seit dem 1. März ist Christiane Wulff dem Bericht der Sonntagszeitung zufolge direkt bei PwC angestellt.dpa

Berlin - Der Coup der Linken, Beate Klarsfeld zur Gauck-Gegenkandidatin für die Bundespräsidentenwahl zu machen, hat eine Debatte über die früheren Kontakte der „Nazi-Jägerin“ in die DDR ausgelöst. Nachdem der Bürgerrechtler Lutz Rathenow die Stasikontakte Klarsfelds vor einigen Tagen im Tagesspiegel angeprangert hatte, hat nun der Berliner Politikwissenschaftler Jochen Staadt umfangreiches Quellenmaterial aus der ehemaligen West-Abteilung des SED-Zentralkomitees vorgelegt. Staadt hat sich im SED-Forschungsverbund an der Freien Universität (FU) eingehend auch mit diesem Thema beschäftigt. Demnach hat Klarsfeld im April 1968 den DDR-Nationalrat um Unterstützung bei geplanten Aktionen gegen den damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger gebeten.

SED-Chef Walter Ulbricht wurde umgehend über diesen Vorgang informiert – und wies selbst an, „Frau Klarsfeld jede sachdienliche Hilfe zu gewähren“. Daraufhin stellte ihr der Nationalrat unter anderem 25 000 Broschüren mit dem Titel „Die Wahrheit über Kurt Georg Kiesinger“, 250 Veranstaltungsplakate sowie umfangreiches weiteres Pressematerial zur Verfügung.

Staadt, der an der FU als Projektleiter des Forschungsverbundes SED-Staat arbeitet, hat diese Informationen bei seinen Recherchen im Bundesarchiv zusammengetragen. „Die Akten sind dort für jeden Interessierten zugänglich“, sagte er dem Tagesspiegel. Während im Ministerium für Staatssicherheit nach dem Zusammenbruch der DDR massiv Akten vernichtet wurden, seien bei den Unterlagen aus dem Bereich des Politbüros kaum Verluste zu beklagen.

Unter anderem sind dort die „mehrfachen Bitten“ Klarsfelds, „ihre Aktionen finanziell zu unterstützen“, dokumentiert. Den Bitten wurde aber nicht entsprochen. Dies schrieb Staadt auch in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frau Klarsfeld das Geld für sich wollte“, betonte der Wissenschaftler. „Als Überzeugungstäterin ging es ihr allein um die Sache.“ Also um ihre Kampagne gegen Kiesinger, die 1968 in der Ohrfeige auf einem CDU-Parteitag gipfelte. Mit seinen Veröffentlichungen wolle er Beate Klarsfeld nicht in Misskredit bringen, sagte Staadt. Ihm gehe es vielmehr darum, aufzuzeigen, dass die Aktivistin bereit war, in ihrem Kampf gegen den Kanzler Unterstützung von wirklich jeder Seite anzunehmen. Die Tatsache, dass in der DDR-Volkskammer ebenfalls frühere NSDAP-Leute saßen, habe sie aber offenbar völlig ausgeblendet.

Lange hielten die guten Beziehungen von Klarsfeld zur DDR-Führung allerdings nicht. Wegen ihrer israelfreundlichen Einstellung ging Ost-Berlin schon bald auf Distanz zur „Nazi-Jägerin“.

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