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Politik: Wusste Berlin von Folterungen der CIA?

US-Zeitung: Ex-Botschafter hat Schily schon 2004 über Praktiken informiert und um Geheimhaltung gebeten

Von Hans Monath

Berlin - Der am Montagabend beginnende Deutschland-Besuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice wird von neuen Berichten über geheime Methoden der CIA bei Entführungen und Verhören von Terrorverdächtigen schwer belastet. Laut „Washington Post“ hat der US- Geheimdienst vor zwei Jahren versehentlich den in Deutschland lebenden gebürtigen Libanesen Khaled al Masri verschleppt, fünf Monate lang in Afghanistan festgehalten und gequält. Der damalige US-Botschafter in Berlin, Daniel Coats, habe im Mai 2004 Innenminister Otto Schily (SPD) von dem Versehen und der bevorstehenden Freilassung des deutschen Staatsbürgers informiert und Schily gleichzeitig um strikte Geheimhaltung gebeten, schreibt die Zeitung. Damit stellt sich die Frage, ob die Bundesregierung entgegen offizieller Darstellung von den CIA-Praktiken Kenntnis hatte und sie duldete. Eine Sprecherin des Innenministeriums sagte am Sonntag auf Anfrage, sie könne nicht vor Montag klären, ob Schily von Coats derart informiert worden sei.

Rice kommt am Montagabend nach Berlin und wird am Dienstag von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erwartet. Nach Informationen der „Washington Post“ will die Politikerin bei ihrem Europa-Besuch keinesfalls umfassend über die Aktivitäten des US-Auslandsgeheimdienstes informieren. Vielmehr wolle sie ihre Gesprächspartner auffordern, sich mit Nachfragen zu dem Thema zurückzuhalten. Rice wolle verschlüsselt darauf hinweisen, dass CIA-Operationen mit voller Kenntnis von „bedeutenden Regierungen“ oder Geheimdiensten erfolgt seien.

Genau dies werfen Teile der Opposition und Amnesty International (ai) auch der deutschen Regierung vor. Der Sprecher der Grünen-Fraktion für Innere Sicherheit, Wolfgang Wieland, nannte den Bericht über Masri „absolut alarmierend“. Es bestehe „der Verdacht des Mitwissens“ gegen die Regierung, sagte Wieland dem Tagesspiegel. Es stelle sich die Frage: „Hat Otto Schily den Amerikanern komplizenhaft gesagt, macht weiter so? Oder hat er gesagt, macht das nie wieder?“m Beweis des Gegenteils setze er auf die Unschuld der Sicherheitsbehörden. Sollten sie doch zugesehen haben, wäre dies ein „massiver Verstoß“ gegen die europäische Menschenrechtskonvention.. Der parlamentarische der Grünen, Volker Beck, verlangte eine Erklärung Schilys. Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine forderte Aufklärung von Merkel. Darauf hätten die Deutschen Anspruch.

Der Sicherheitsberater von US-Präsident George W. Bush, Stephen Hadley, kündigte inzwischen an, Rice werde ihren europäischen Kollegen erklären, dass die USA keine Terrorverdächtigen zum Foltern in andere Länder fliegen.

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