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Zentralasien: Usbekischer Präsident rechtfertigt Militäreinsatz

Der usbekische Präsident Islam Karimow hat die gewaltsame Niederschlagung von Unruhen im Osten seines Landes als Anti-Terror-Maßnahme gerechtfertigt. In der Stadt Andischan habe es keine friedlichen Demonstranten gegeben, sondern nur bewaffnete Aufständische.

Taschkent/Moskau/Washington (17.05.2005, 21:10 Uhr) - Dies betonte Karimow am Dienstag in der Hauptstadt Taschkent. Die Opposition sprach dagegen von insgesamt mindestens 745 Toten bei den Auseinandersetzungen im Fergana-Tal seit Freitag, darunter viele Frauen und Kindern. Im Grenzgebiet zu Kirgisien setzten Aufständische nach Berichten regionaler Nachrichtenagenturen ihren Widerstand gegen die Staatsmacht fort und steckten Gebäude in Brand.

Der usbekische Generalstaatsanwalt Raschid Kadyrow stützte die Sichtweise seines Präsidenten. «Jeder, der von den Militärs getötet wurde, trug eine Waffe in der Hand», betonte Kadyrow, der die Zahl der Toten in Andischan mit 169 angab. Die Staatsführung kündigte an, dass am Mittwoch ausländische Journalisten und Diplomaten die Stadt Andischan besuchen dürften, wo sich am vergangenen Freitag das Blutbad ereignete.

Die usbekische Opposition befürchtet unterdessen weitere schwere Ausbrüche von Gewalt in der zentralasiatischen Republik. Zuerst würden die Angehörigen ihre Toten beerdigen, sagte die Politikerin Nigara Chidojatola am Dienstag in der Hauptstadt Taschkent. Danach werde es zu neuen Aufständen im Fergana-Tal kommen.

Chidojatola bezifferte die Totenzahl in Andischan auf 542 und in dem Nachbarort Pachtaabad auf 203. Mitarbeiter ihrer Partei Osod Dechkonlar (Freie Bauern) seien in den betroffenen Orten von Haus zu Haus gegangen und hätten die Opferzahlen der einzelnen Familien notiert.

Beobachter sehen den Auslöser der Proteste in den miserablen Lebensbedingungen im dicht besiedelten Fergana-Tal. Dort verzeichnen islamistische Organisationen unter der Bevölkerung großen Zulauf.

Die US-Regierung zeigte sich «tief beunruhigt» über das gewaltsame Vorgehen usbekischer Regierungstruppen gegen Demonstranten. Man habe die usbekische Führung zur Zurückhaltung aufgerufen, sagte US- Außenamtssprecher Richard Boucher am Montag (Ortszeit) in Washington. Zugleich verurteilte der Sprecher die Angriffe von Bewaffneten auf Gefängnisse und Regierungseinrichtungen. Die USA und auch Deutschland haben in Usbekistan Soldaten stationiert, die die Truppen im benachbarten Afghanistan versorgen.

Präsident Karimow wies Forderungen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International nach einer unabhängigen Untersuchung der Unruhen durch ausländische Experten zurück. «Usbekistan ist ein souveräner Staat. Wir kommen selbst mit der Situation klar», betonte das autoritär regierende Staatsoberhaupt. Eine Sprecherin des UN- Flüchtlingshilfswerks UNHCR mahnte an, die Grenzen nach Kirgisien für Flüchtlinge offen zu lassen. (tso)

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