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Politik: Zuwanderung – das Gesetz kommt

Nach jahrelangem Streit einigt sich Rot-Grün mit Union und FDP auf einen „politischen Kompromiss“

Von
  • Robert Birnbaum
  • Antje Sirleschtov

Berlin - Nach drei Jahren Streit um das Zuwanderungsgesetz haben Koalition und Opposition am Dienstagabend einen Durchbruch erreicht. Kanzler Gerhard Schröder (SPD) verständigte sich mit den Unionsspitzen auf die Grundlinien eines Gesetzentwurfs. Damit sei eine „politische Einigung auf der Basis eines Kompromissvorschlags“ erzielt, sagte der Kanzler. „Es wird ein modernes Zuwanderungsrecht geben.“ CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber machten aber deutlich, dass sie sich die endgültige Zustimmung vorbehalten, bis ein Gesetzestext vorliegt.

Diesen Text sollen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) und der Ministerpräsident des Saarlands, Peter Müller (CDU) ausarbeiten. Die Grünen sind an der Arbeitsgruppe nicht direkt beteiligt. Deren Chef Reinhard Bütikofer zeigte sich mit der Einigung zufrieden, kündigte aber an, seine Partei werde sorgfältig darauf achten, dass bei der Formulierung des Gesetzes nicht nachträglich draufgesattelt werde. Beide Seiten waren mit weitgehend übereinstimmenden Papieren in die Gespräche gegangen. Schröder betonte, er habe der Unionsseite deutlich gemacht, dass die mit Bütikofer abgestimmte Regierungsposition „nicht mehr verhandelbar“ sei. Er rechne auch nicht mehr mit „gravierenden Schwierigkeiten“. Stoiber sagte jedoch, das Unionspapier, das in einigen Punkten über die Regierungsposition hinausgeht, sei die „Interpretationsgrundlage“ der nun folgenden Gespräche. Merkel bezeichnete die Gemeinsamkeiten als so groß, dass sie den Versuch lohnten, einen gemeinsamen Gesetzestext zu erarbeiten.

Die Regierungskoalition kam der Union in einer Reihe von Sicherheitsfragen entgegen. So sollen terrorverdächtige Ausländer abgeschoben oder mit strengen Auflagen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden können. Voraussetzung ist eine „tatsachengestützte Gefahrenprognose“. Die Union besteht aber nicht mehr auf einer Sicherungshaft. Auch „Hassprediger“ und verurteilte Schleuser sollen abgeschoben werden. Zur Pflicht gemacht werden Regelanfragen beim Verfassungsschutz vor Niederlassung oder Einbürgerung. Eine Warndatei gegen den Missbrauch von Visa-Anträgen soll eingeführt werden, falls sie nicht im Rahmen der EU bis 2006 europaweit beschlossen wird. Die Union billigte im Gegenzug Erleichterungen im humanitären Flüchtlingsrecht, etwa die Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgung und eine Härtefallregelung. Sie stimmte auch zu, dass sich Hochqualifizierte und ausländische Studenten leichter als bisher in Deutschland niederlassen dürfen. Für die Kosten von Integrationskursen, die zur Pflicht werden sollen, sagte Schröder die Übernahme durch den Bund zu. Die Dreier-Arbeitsgruppe soll das Gesetz nun möglichst bis zum 17., spätestens zum 30. Juni vorlegen.

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