zum Hauptinhalt

Politik: Zweifel an Endlagergesetz

Niedersachsen droht mit Ablehnung.

Hannover - Nun bremst auch noch das Deckelwechselgerät. Mit dieser Vorrichtung soll man im Notfall den undichten Verschluss eines Castor-Atommüllbehälters austauschen können. Die Anlage steht im Zwischenlager Gorleben; für die dort in der Betonhalle aufgereihten 113 Stahlzylinder kam sie bisher nicht zum Einsatz. Trotzdem streiten die Experten darüber, ob derartige Deckelwechselgeräte aus Sicherheitsgründen auch an den bis zu drei möglichen Alternativstandorten für die noch ausstehenden 26 Castoren aus Sellafield und La Hague vonnöten seien. Rund 50 Millionen Euro kostet jede dieser Anlagen. Und die vier großen Stromkonzerne wehren sich gegen diese Zusatzausgaben. Warum sollten sie auf andere Zwischenlager ausweichen, wenn sie doch über eine rechtskräftige Genehmigung für Gorleben verfügen, lautet ihre Argumentation.

Es ist nur eines von vielen Problemen, die den vor fünf Wochen groß gefeierten Kompromiss bei der Endlagersuche zum Platzen bringen könnten. Niedersachsen droht inzwischen offen mit der Ablehnung des zwischen Bund und Ländern ausgehandelten Gesetzentwurfes, den der Bundestag am Freitag in erster Lesung beraten will. „Der dort vorgesehene Zeitplan ist völlig unrealistisch und nicht zu halten“, erklärt Landesumweltminister Stefan Wenzel (Grüne) und verweist auf die Erfahrungen mit der maroden Atommüllkippe Asse im Landkreis Wolfenbüttel. 2031 soll laut Gesetzentwurf ein Standort für die strahlenden Abfälle feststehen.

Auch beim für Niedersachsens neue rot-grüne Regierung so wichtigen Ende der Atommüllfuhren nach Gorleben zeichnet sich keine Lösung ab – nicht nur wegen des Widerstands der Energieversorger. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) wird in seiner Regierungserklärung am Freitag kein Alternativziel für die Castoren aus England und Frankreich benennen können.

Zwar haben Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg ihre Bereitschaft zur Aufnahme der 26 Behälter bekundet; aber die Kapazitäten dort dürften nicht ausreichen. Außerdem ist der Transportweg bislang völlig ungeklärt. Von der Frage Schiff oder Bahn hängen jedoch die potenziellen Ausweich-Zwischenlager ebenso ab wie Ausmaß und Kosten der erforderlichen Polizeieinsätze.

Rot-Grün in Niedersachsen sieht daneben eine ganze Reihe von weiteren Punkten, bei denen die Verabredungen mit Altmaier von Anfang April noch „nicht rechtssicher umgesetzt sind“: vom Stopp der Erkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben bis zum Rechtsweg für betroffene Bürger und Umweltverbände.

Trotz dieser Bedenken ihrer Parteifreunde und der ablehnenden Haltung der Anti-Atom-Aktivisten im Wendland haben die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen den Gesetzentwurf gemeinsam mit CDU/CSU und FDP eingebracht. Insbesondere von Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin heißt es, dass er das Gesetz vor der Bundestagswahl verabschieden wolle – notfalls ohne den Segen seines Heimatlandes. Dass im weiteren Verfahren die niedersächsischen Wünsche doch noch einfließen, scheint Wenzel nicht mehr recht glauben zu wollen. „Das werden wir sehen.“ Peter Mlodoch

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false