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Politik: Zweite Front

Die USA haben in Afghanistan eine neue Großoffensive gestartet

Von

Von Frank Jansen, Berlin,

und Elke Windisch, Moskau

Am Donnerstagmorgen startete die US-Armee eine Bodenoffensive – nicht im Irak, sondern in Afghanistan. Unterstützt von Kampfhubschraubern griffen rund 1000 US-Soldaten mehrere Dörfer in der Region Kandahar an. Beobachter sprachen von den schwersten Kampfhandlungen seit einem Jahr. Dass die neue Operation fast zeitgleich mit dem Angriff auf den Irak begann, ist alles andere als ein Zufall. Washington ist zum einen aus Prestigegründen darauf angewiesen, den Krieg als Bestandteil des weltweiten Kampfes gegen den Terrorismus zu legitimieren. Zudem dürfte Bush daran interessiert sein zu beweisen, dass eine Supermacht sich ohne Probleme auf einen Zwei-Fronten-Krieg einlassen kann. Vor allem aber befürchten die US-Strategen, nach dem Angriff auf den Irak könnte der bewaffnete Widerstand in Afghanistan gegen die Kräfte der Anti-Terror-Koalition und gegen Interimspräsident Hamid Karsai erneut eskalieren.

Obwohl das Regime Saddams zu den wenigen laizistischen Staaten der islamischen Welt gehört, betrachten die meisten Afghanen den Angriff als Attacke gegen ihre Glaubensbrüder und den Islam als Ganzes. Dazu kommt, dass Washington für den Irak eine ähnliche Nachkriegsordnung plant wie in Afghanistan: die Einsetzung einer pro-amerikanischen Regierung. Restbestände der Taliban und der Al Qaida haben längst den Schulterschluss mit unzufriedenen Teilen der paschtunischen Bevölkerungsmehrheit in Afghanistan vollzogen. Einigende Klammer ist dabei weniger der Islam als der Hass gegen die zunehmend als Besatzer empfundenen Anti-Terror-Einheiten. Da vielen Afghanen zudem die Kompetenzverteilung zwischen Anti-Terror-Einheiten und der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (Isaf) unklar ist, sind Befürchtungen über die Zukunft der jetzt unter deutschem Oberbefehl stehenden Schutztruppe durchaus berechtigt. Zumal Warlords wie Expremier Hekmatyar antiwestliche Stimmungen im Interesse eigener machtpolitischer Ziele bewusst schüren.

Nach Ansicht deutscher und internationaler Sicherheitskreise könnten die USA versuchen, mit dem Erfolg einer Festnahme von Osama bin Laden oder von Taliban-Chef Mullah Omar die Proteste gegen den Irak-Krieg zu dämpfen. Seit der Festnahme des Topterroristen Khalid Scheich Mohammed halten sich hartnäckig Gerüchte, US-Spezialkräfte hätten bin Laden bereits gefasst. Eine entsprechende Mitteilung des Innenministers der pakistanischen Provinz Belutschistan wurde jedoch von den Amerikanern dementiert.

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