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Politik: Zwischen Hoffen und Bangen

Von Martin Alioth, Dublin Die nordirische Untergrundorganisation IRA und ihr politischer Flügel Sinn Fein stehen im Kreuzfeuer: Ein amerikanischer Kongressausschuss stellt diese Woche unerbittlich Fragen, wie weit die IRA dazu beigetragen habe, die kolumbianische Rebellenarmee Farc auf den neuesten technischen Stand zu bringen. Bis zu 15, zum Teil hochrangige IRA-Leute sollen in den letzten drei Jahren ihre Erfahrungen im Umgang mit urbanem Terror in den Dienst der Farc gestellt haben.

Von Martin Alioth, Dublin

Die nordirische Untergrundorganisation IRA und ihr politischer Flügel Sinn Fein stehen im Kreuzfeuer: Ein amerikanischer Kongressausschuss stellt diese Woche unerbittlich Fragen, wie weit die IRA dazu beigetragen habe, die kolumbianische Rebellenarmee Farc auf den neuesten technischen Stand zu bringen. Bis zu 15, zum Teil hochrangige IRA-Leute sollen in den letzten drei Jahren ihre Erfahrungen im Umgang mit urbanem Terror in den Dienst der Farc gestellt haben. Drei irische Staatsbürger mit eindeutigen Bindungen an die IRA und Sinn Fein warten derzeit auf ihren Prozess in Kolumbien. In den USA bröckeln die Sympathien für Sinn Fein, von den großzügigen Spenden ganz zu schweigen.

Doch die Verlegenheit Sinn Feins endet nicht in Washington: Die nordirische Polizei will „Todeslisten“ mit den n britischer Oppositionspolitiker gefunden haben, der britische Militärgeheimdienst füttert Zeitungen mit der Nachricht, die IRA habe letztes Jahr moderne russische Schnellfeuergewehre gekauft. Der britische Nordirlandminister John Reid und Nordirlands amtierender Polizeichef stellen indessen fest, die IRA sei ihrer Ansicht nach nicht im Begriff, zur Gewalt zurückzukehren. Die zweite Entwaffnungsgeste der IRA vor wenigen Wochen scheint diese Zuversicht zu bestätigen. Tatsächlich nämlich gilt der gegenwärtige politische Schlagabtausch, an dem britische Sicherheitsdienste eifrig teilnehmen, einem etwas weiter zurückliegenden Ereignis: Mitte März wurde ins Hauptquartier des polizeilichen Geheimdienstes in Castlereagh (Ost-Belfast) eingebrochen.

Die Codebücher für die Spitzel in den nordirischen Untergrundorganisationen und ihre polizeilichen Betreuer wurden gestohlen. Anfänglich glaubte sogar die Polizei, es handle sich um ein mysteriöses Vertuschungsmanöver, durchgeführt von einem anderen Arm des Sicherheitsapparates. Doch inzwischen richtet sich der einzige Tatverdacht der Fahnder auf die IRA, die ihrerseits in ungewohnt eindeutiger Manier dementiert. Irlands Premierminister Bertie Ahern glaubt der IRA. Nordirlands Chefminister David Trimble blieb bisher erstaunlich gelassen, fordert aber klare Aussagen von Seiten Sinn Feins und der IRA. Sinn-Fein-Chef Gerry Adams selbst sprach von „gesichtslosen Manipulatoren in den Reihen der polizeilichen und militärischen Geheimdienste“. Dabei verschwieg er geflissentlich, dass die IRA und Sinn Fein monatelang über ihre Verwicklungen in Kolumbien gelogen hatten. Seine Weigerung, persönlich in Washington auszusagen, kam deshalb nicht überraschend. Allein der peinliche Einbruch in Castlereagh hat indessen das Potenzial, den Friedensprozess aus dem Gleise zu werfen. Sollte die IRA tatsächlich dafür verantwortlich sein, dann sind Zweifel an ihrer langfristigen Friedfertigkeit berechtigt. Die restlichen Beschuldigungen aber deuten eher auf ein Ablenkungsmanöver von Seiten der tödlich verlegenen Geheimdienste. Der Umstand, dass Sinn Fein jetzt in der benachbarten Republik Irland zu Wahlen antritt, und daher einer besonders weißen Weste bedarf, erleichtert dieses Geschäft.

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